FRIEDEN IST BLAU

■ Steve Hackett im Quartier Latin

Das Gesicht eines Mannes, der gelernt hat, mit dem Strom zu schwimmen, lächelt auf die Gemeinde herab, freundlich, sanft und milde. Man muß Steve Hackett im Sitzen hören, wer Beine und Geist zur Lotusblüte verbiegen kann, ist im Vorteil. Gebetsteppiche fehlen, kleine Klappern, hölzerne Halsketten, aber das nimmt dem Mann im taubenblau schimmernden Anzug nicht seine Seelenruhe. Bedächtig senkt er den linken Fuß auf das Klappfußbänkchen, rückt die Gitarre auf dem Schenkel zurecht und sagt, daß es gut ist. Wieder in Berlin zu sein, und alles. Der Gemeinschaft der Gläubigen gefällt das, das Bewußtsein steht achtundzwanzig Mark weit offen, man empfängt die Segnung.

Heavy Metal taugt nix, sagt der Ruhige und baut aus besseren Klängen eine schöne alte neue Welt. Shilum dideldum, ich in den Himmel kumm. Leis plingplant die Laute, und lichtumschlossen-glanzumrändert blauweißgelb prangt BuddhaBhaghwanBoris im Thron, sag Madonna zu mir.

Als Kind habe er nur Stuhl, Gitarre und Bett gebraucht, erzählt Steve Hackett, das Bett hat er nicht mitgebracht ins Quartier Latin am Montag abend, zu gerne hätte man sich hineingelegt, aber Schlafen gehen konnte man auch in der Musik. Jede kleine Genesis-Melodie wird mit Jubel aufgenommen, unter dem Christbaum packen die Kleinen die Geschenke aus, die Augen leuchten, und das kommt nicht allein vom Rauchen. Die Finger schreiten durch die Saiten, würdevoll, es ist eine Prozession der Töne, nein, tut mir leid, ich kann nicht bleiben, ich habe es furchtbar heilig. Präludi - oder Presbyterium? Man weiß es nicht, es ist Bach den Bach runter, hausgemacht, aura et labaura.

Auch die C&A-Sorte Mensch hat ein Bedürfnis nach innerer Einkehr. Das Schließen des Sargdeckels dauert seine Zeit, auch dazu muß es Begleitmusik geben.

wiglaf droste