Petrus schickt Stellvertreter in Rassistenstaat

Papst nach Unwetter in Lesotho in Johannesburg gelandet / Südafrika bekam keinen Kuß / Derweil kaperten vier Männer in Maseru einen Bus mit Pilgern / Geringes Interesse in Lesotho für Johannes Paulus II. / Nach der Segnung Bothas fuhr der Pontifex im Bus weiter  ■  Aus Maseru Hans Brandt

Papst Johannes Paulus II. ist gestern doch nach Südafrika geflogen, obwohl er ursprünglich den Apartheid-Staat absichtlich aus seinem Reiseprogramm durch das südliche Afrika ausgeschlossen hatte. Aber Gott hatte die Hand im Spiel: In Maseru, der Haupstadt des von Südafrika vollkommen umgebenen Bergkönigreiches Lesotho, regnete es in Strömen. Da der Flughafen für eine Blindlandung nicht ausgrüstet ist, war die einzige Alternative Johannesburg. Dort wurde der Papst vom südafrikanischen Außenminister Roelof „Pik“ Botha empfangen, ohne daß Petrus‘ Stellvertreter den Boden küßte. Nachdem Bothas Stellvertreter den Segen der Heiligen Kirche empfangen hatte, setzte der Pontifex die Reise nach Lesotho im Bus fort. Erst letzte Woche hatte der Papst eine Einladung der südafrikanischen Regierung abgelehnt, aber für die Zukunft einen Besuch versprochen.

Indessen bestätigte ein Sprecher des südafrikanischen Ministers für Recht und Ordnung, daß eine Sondereinheit der südafrikanischen Polizei gestern nach Maseru geschickt wurde. Am Dienstag abend hatten vier bewaffnete Männer einen Bus mit 71 Papst-Pilgern, darunter Kinder und Nonnen, auf dem Weg nach Maseru gekapert. Der Busfahrer wurde gezwungen, zur britischen Botschaft in Maseru zu fahren. Die Briten verweigerten die Zufahrt zum Botschaftsgelände. Seitdem steht der Bus vor der Botschaft. Die Straße wurde sofort von Polizei und Militär abgesperrt. Die Behörden in Lesotho wollten keine Einzelheiten über die Forderungen der Geiselnehmer bekanntgeben. Unbestätigten Berichten zufolge soll es sich bei den Geiselnehmern um Mitglieder der „Lesotho Befreiungsarmee“ (LLA) handeln.

Bis Anfang 1986 kämpfte die kleine LLA mit Unterstützung der Südafrikaner gegen die damalige Regierung von Häuptling Leabua Jonathan. Vor zwei Jahren wurde Jonathan vom Militär gestürzt. Seitdem wird das wirtschaftlich vollkommen von Südafrika abhängige Land von einem Militärrat regiert, der sich stark auf südafrikanische Hilfe stützt. Versöhnungsversuche der Militärregierung hat die LLA jedoch abgelehnt.

Lesotho hatte sich von dem Papst-Besuch vor allem positive Schlagzeilen erhofft. Doch schon vor der überaschenden Umleitung des Papst-Flugzeuges nach Johannesburg hatte sich abgezeichnet, daß die Behörden das öffentliche Interesse an der Reise schwer überschätzt hatten. Mehrere Hunderttausend, wenn nicht Millionen von Besuchern aus Südafrika wurden erwartet.

Statt dessen ging der Grenzverkehr nicht über das gewohnte Maß hinaus. Hunderte von Zelten, die zur Unterbringung der Pilger errichtet worden waren, flatterten bunt, aber naß und verlassen im kalten Wind. Statt verstopfter Straßen machte Maseru, wo die meisten Geschäfte und alle Amtsgebäude geschlossen sind, einen ruhigen Eindruck. Nur wenige hundert Menschen warteten am Mittwoch stundenlang vergeblich im Regen auf die Ankunft des „Heiligen Vaters“. Daß der Papst Regen brachte, wurde von der Bevölkerung anfangs noch als ein gutes Zeichen betrachtet. Immerhin wünscht man sich in Lesotho nicht „alles Gute“ sondern „Frieden, Regen, Segen“.