Noch keine Gnade für Ex-RAFler

■ Erste Stellungnahme des Bundespräsidialamtes / Gnadenanträge von Angelika Speitel und Peter-Jürgen Boock liegen Bundespräsident Richard von Weizsäcker vor

Bonn (dpa) - Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat über eine Begnadigung der Ex-RAFler Angelika Speitel und Peter -Jürgen Boock noch nicht entschieden. „Allen bisher veröffentlichten Meldungen und Kommentaren, Ratschlägen und Forderungen zum Trotz“ seien bisher Entscheidungen „weder getroffen noch stehen sie bald bevor“, erklärte der Sprecher des Bundespräsidenten, Friedbert Pflüger, am Mittwoch in Bonn. Das Bundespräsidialamt nahm damit erstmals zu den anhaltenden öffentlichen Spekulationen über eine bevorstehende Begnadigung der beiden zu lebenslanger Haft Verurteilten Stellung.

Pflüger bestätigte gegenüber der 'Welt‘ (Donnerstagausgabe), daß dem Bundespräsidenten als der von der Verfassung dafür bestimmten Instanz Gnadenanträge von Frau Speitel und Boock vorliegen. Es sei seine Pflicht, die Prüfung aufzunehmen, und dies geschehe.

Hierzu gehöre eine umfassende Information und die Beratung mit Beteiligten und Betroffenen. Sorgfalt und Behutsamkeit sei notwendig, der Zeitbedarf sei groß. Weizsäcker wird Peter-Jürgen Boock und Angelika Speitel auch im Gefängnis besuchen, um sich ein persönliches Bild von ihnen vor seiner Entscheidung der Begnadigunsgesuche zu machen.

In seiner mit dem Bundespräsidenten abgestimmten Erklärung betonte Pflüger, die Prüfung erfolge im Bewußtsein der hohen Empfindsamkeit jedes Gnadenverfahrens. Gnade im Rechtsstaat sei keine Absolution. „Unsere Rechtsgemeinschaft ist aber auch eine menschliche Gemeinschaft, die in der Lage sein muß, die Frage zu stellen, ob das, was angesichts der menschlichen Begrenztheit Strafe überhaupt leisten kann, erreicht ist.“