Hurra! Bald wieder Flugtage

■ Militärische Untersuchungskommission hat keine Kritik an Sicherheitsbestimmungen in Ramstein / Neues Konzept für Flugtage in Arbeit / Flugtag in Nörvenich wegen „menschlichen Versagens“ fortgeführt

Bonn (dpa/taz) - Nach ersten Erkenntnissen einer militärischen Untersuchungskommission sind beim Flugtag in Ramstein alle Sicherheitsbestimmungen eingehalten worden. 62 Todesopfer forderte die Katastrophe vom 28.August bisher und es ist absehbar, daß sich die Zahl noch erhöhen wird. Wie aus der Luftwaffenführung am Dienstag abend verlautete, soll es auch bald wieder Flugtage geben, wahrscheinlich aber noch nicht in diesem Jahr. Zunächst will eine alliierte Arbeitsgruppe der Streitkräfte, die in der Bundesrepublik Flugplätze unterhalten, klären, ob die Vorschriften für Flugtage überarbeitet werden müssen.

Nach Auffassung der Luftwaffenführung soll bis Ende dieses Jahres ein neues Konzept für Flugtage erarbeitet werden: ein „Vorschlag für ein sehr abgegrenztes fliegerisches Programm“ bei Tagen der offenen Tür der Luftwaffe. Flugtage mit besonders gefährlichem Kunstflug - wie ihn die italienische Staffel „Frecce Tricolori“ in Ramstein zeigte oder die spanische Kunstflugstaffel in Nörvenich - seien nicht mehr vorstellbar, heißt es in der deutschen Luftwaffenführung: „Das ist Zirkusshow in Vollendung“, eine „Vorführung nur um der Show willen“. Die deutsche Luftwaffe wolle demnächst bei Flugtagen ihren Ausbildungsstand vorführen. Bisher sei allerdings auch für Flugtage der Bundesluftwaffe immer ein Kunstflugteam erlaubt gewesen. Bundesverteidigungsminister Scholz ist nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen erst um 16.55 Uhr, genau 70 Minuten nach dem Absturz der italienischen Kunstflieger, erstmals von den Ereignissen in Ramstein unterrichtet worden. Das Bereitschaftszentrum der Bundeswehr habe dem Minister zu diesem Zeitpunkt eine 33 Minuten davor verbreitete 'dpa'-Meldung verlesen. Um 17.15 sei Scholz, der sich in seinem Ministerium aufhielt, über den Inhalt einer zweiten 'dpa'-Meldung unterrichtet worden. Erst gegen 17.50 Uhr habe Scholz von seinem Presseoffizier ein „klares Lagebild“ erhalten. Daß der Flugtag in Nörvenich nicht abgebrochen wurde - genausowenig wie das anschließende Fest - ist für die Luftwaffenführung „immer noch nicht nachvollziehbar.“ Es sei üblich und auch immer so gehandelt worden, daß Feierlichkeiten nach Flugunfällen mit zivilen Opfern abgesagt werden. Das weder der Flugtag noch der anschließende Fliegerball abgesagt wurde, beruht nach Ansicht der Luftwaffenführung auf „menschlichem Versagen“ und ist kein Fehler des Informationssystems. Auch nach der Ablösung zweier hoher Luftwaffenoffiziere sei dies Gegenstand von dienstrechtlichen Ermittlungen. Denn der Kommandeur des Nörvenicher Geschwaders, Oberst Hoppe, sei zweimal telefonisch über die Ereignisse von Ramstein informiert worden, ohne daß er daraus Konsequenzen gezogen habe.

mtm