Energiebeirat stieg aus

■ Streit um Gutachten zwischen dem Energiebeirat und den Stadtwerken / Stadtwerke wollen Ausstieg aus dem Atomstrom-Vertrag mit der Preag nicht prüfen

Bremens Ausstieg aus der Atomenergie ist fast so alt wie die Kraftwerkskatastrophe von Tschernobyl. Jedenfalls in Worten und als sozialdemokratische Beschlußlage. Ob das ernst gemeint ist, daran hat besonders der Bremer Energiebeirat starke Zweifel. Er wurde nach dem ukrainischen Gau vom Senat mit dem Auftrag eingesetzt, langfristige Energieperspektiven für das Land Bremen zu entwickeln, die auch den Ausstieg aus der Kernenergie einschließen. Genau dabei fühlt der Beirat sich von den Bremer Stadtwerken gehindert.

Das Unternehmen, das nach SPD-Beschlußlage aus dem Stromliefer-Vertrag mit dem Atomstrom-Produzenten Preag aussteigen soll, hat gegen den Willen des Beirats einen Gutachterauftrag vergeben, der gerade diesen Ausstieg „nicht ernsthaft

untersuchen soll“. Das schrieb der Beirat an Bürgermeister Klaus Wedemeier.

Zur Erinnerung: Der Vertrag zwischen den Stadtwerken und der Preag verpflichtet die Stadtwerke, zehn Prozent des Bremer Strombedarfs aus Preag-Krafwerken zu decken, also auch aus Atommeilern. Der bremische Beitrag zum Ausstieg aus der Kernenergie sollte heißen: Ausstieg aus diesem Vertrag. Das jedenfalls empfahl der Energiebeirat den Stadtwerken. Die ließen es langsam angehen und warfen erstmal die Frage auf: Was für Folgen hätte eine Verminderung der Preag -Lieferungen von zehn auch acht Prozent des bremischen Bedarfs? Die Stromlieferungen würden insgesamt teurer, antwortete der verärgerte Vertragspartner Preag. Deshalb beauftragten die Stadtwerke den Ener

gieexperten Professor Dieter Schmitt von der Uni Essen. Er sollte herausfinden, ob die Preag recht hat, aber scheiterte an der Informationssperre des Konzern. Ob die anfallenden Kosten zu recht enstünden, „ist nach externer Sicht des Gutachters kaum abschließend zu beurteilen“, schrieb er. Der angepeilte Vertrags-Kündigungstermin im März dieses Jahres verstrich ungenutzt, der Vertrag galt deshalb zwei Jahre unverändert weiter, bis zum September 1990.

Die Bürgerschaft bekräftige im März ihren Ausstiegswillen: Die Zeit bis zum nächsten Kündigungstermin solle benutzt werden, alle offenen Fragen erneut zu prüfen, unter Mitwirkung des Energiebeirats.

Der Beirat legte im Juni einen detaillierten Fragenkatalog vor. Die „0-Variante“, also überhaupt

keinen Preag-Strom mehr, sollte nach ihren technischen, wirtschaftlichen und juristischen Vorraussetzungen nach abgeklopft werden. Seinen „interdisziplinären Fragenkatalog“ legte der Beirat den Stadtwerken vor. Doch die entschieden ganz anders. In ihrer Fragestellung, die Vorstandsmitglied Günter Czichon im September dem Beirat erläuterte, kommt die 0-Variante nicht vor. Das Gutachten soll wiederum klären, welchen Strompreis die Preag nehmen darf, wenn sie statt zehn nur noch acht Prozent des bremischen Strombedarfs deckt. Der Beirat reagierte sofort: Er sehe sich „nicht in der Lage, an dem Untersuchungsauftrag in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken beratend mitzuwirken“, schrieb er an Bürgermeister Wedemeier. Eine Antwort steht noch aus. mw