Medaille mit Kehrseite?

■ AL wirft geehrtem Gynäkologen „Menschenversuche“ vor

Den Protest der Alternativen Liste erntete gestern der Regierende Bürgermeister Diepgen für die Auszeichnung des Gynäkologen Professor Saling mit der Ernst-Reuter-Plakette. Der Gynäkologe habe offenbar seit Jahren ohne Kontrolle einer Ethikkomission „Menschenversuche“ durchgeführt, behauptet die AL. Der Professor erhielt die höchste Auszeichnung Berlins als „Anerkennung für seinen Einsatz“, Berlin zu einem Zentrum für Geburtsmedizin gemacht und dazu beigetragen zu haben, daß die Säuglingssterblichkeit abgenommen habe. Professor Saling ist Leiter des Instituts für Perinatale Medizin der FU.

Bei den „Menschenversuchen“, die die AL anführt, gehe es um die Versorgung von Feten durch künstliche Nabelschnüre, die entweder in die Fruchtblase oder in den Bauchraum der Feten gelegt werden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der AL -Fraktion, Sabine Nitz-Spatz, zitiert einen Aufsatz von Professor Saling aus dem Jahr 1984, in dem er selbst die Probleme dieser Versuche aufzeigt. Es heißt dort, die Infektionsgefährdung und die fehlende Möglichkeit der Stoffwechselbilanzierung der Feten seien Gründe, die ihn dann vom klinischen Einsatz der Methode abgehalten hätten, und statt dessen habe er Tierversuche machen lassen.

Die Ehrung sei verfehlt, beklagt die AL, weil die Säuglingssterblichkeit in der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen wohlhabenden Ländern gar nicht gut dastehe. In einer Anfrage an das Abgeordnetenhaus will die AL Auskunft über die Arbeit von Professor Saling bekommen.

bf