Regen und Segen: Der Papst in Lesotho

Nur 20.000 Gläubige wollten den Papst in Maseru sehen / Besucherflut aus Südafrika blieb aus / Angereiste mußten horrende Preise bezahlen / Wojtyla: „Ich bin mit einer Botschaft der Versöhnung gekommen“  ■  Aus Maseru Hans Brandt

Der Papst hat Schnupfen. Auf dem Weg zum Altar mußte der Vertreter Petri auf Erden dann auch die Hand an die Nase halten, statt zum Segen über die Köpfe der versammelten 20.000 Menschen in Maseru. Der Papst bringt Regen zweifellos. Sein Flugzeug konnte wegen schwerem Regen über Maseru am Mittwoch nicht landen und auch die Messe wurde mit Nässe von oben bedacht.

Nach Sotho-Tradition bringt Regen Segen. Die Militärregierung von Lesotho und Geschäftsleute in der Haupstadt Maseru hatten sich hingegen auf einen Segen eher materieller Art vorbereitet, den die erwartete Flut von Besuchern aus Südafrika bringen sollte. Übernachtungspreise wurden vervierfacht, Telefonkosten für Journalisten verdreifacht, in den Restaurants war alles doppelt so teuer.

Aber die Flut der Pilger aus Südafrika blieb aus. Statt dessen stellten sich am Mittwoch vor Sonnenaufgang andere Besucher aus dem Apartheid-Staat ein: etwa 20 Mitglieder eines Einsatzkommandos der südafrikanischen Polizei. Die Lesotho-Polizei brauchte Hilfe. Vier bewaffnete Mitglieder einer verbotenen Oppositionsgruppe hatten einen Bus voller Pilger gekapert. Zwei Straßensperren der Lesotho-Polizei hatte der Bus einfach überrollt. Am Mittwoch abend griffen die Südafrikaner ein. Es kam zu einem Schußwechsel. Drei Geiselnehmer und eine Schülerin wurden getötet, elf Menschen verletzt, davon vier schwer. Die Heijacker hatten zuletzt verlangt, mit dem Papst zu sprechen. Ihre Motive waren nicht bekannt. Die südafrikanische Polizei verkündete den Erfolg mit Genugtuung. Ein Beispiel für die Abhängigkeit Lesothos vom Apartheid-Staat.

„Das war eine Fügung Gottes,“ frohlockte Außenminister Roelof „Pik“ Botha am Mittwoch über die wetterbedingte Umleitung des Papst-Fluges nach Johannesburg. Und dann mußte der Papst auch noch mit südafrikanischer Polizeibegleitung nach Lesotho gefahren werden - weil ein Triebwerk der Papst -Maschine nach der Zwischenlandung in Südafrika nicht mehr anspringen wollte.

Trotz Geiseldrama und Papst-Besuch ging das Leben in Lesotho seinen gewohnten, gemächlichen Gang. Nur hier und da waren Papst-Bilder zu sehen. „Ach, ich geh vielleicht mal hin, und guck mir's an,“ sagte ein junger Mann auf der Straße. „Aber wenn ich keine Lust habe oder das Wetter schlecht ist, laß ich's sein.“

Die Messe auf der Rennbahn von Maseru sollte der eigentliche Höhepunkt der gesamten Papst-Reise ins südliche Afrika sein. Hier wurde der französische Priester Josef Gerard, der Ende des letzten Jahrhunderts als Missionar nach Lesotho kam, heiliggesprochen. Dem ersten Heiligen im südlichen Afrika ist es zu verdanken, daß heute fast die Hälfte der Bevölkerung in Lesotho, etwa 700.000 Menschen, Katholiken sind. Aber selbst von denen kam nur ein Bruchteil, um den Nachfolger Petri zu erleben. „Ich bin als Pilger des Friedens ins südliche Afrika gekommen, mit einer Botschaft der Versöhnung,“ sagte der Papst. Doch zur Apartheid nahm er nicht noch einmal Stellung. Er wiederholte lediglich die Aufforderung, „Gewalt als Lösung einer Situation, wie ungerecht sie auch sein mag“, abzulehnen. Die Nachricht vom Geiseldrama habe ihn „betrübt“, sagte der Papst. „Ich bin bestürzt zu erfahren, daß andere, die unterwegs waren, um mich auf dieser Pilgerreise zu begleiten, Opfer einer Entführung geworden sind“. Er bedauerte, daß es mit Blutvergießen endete und wünschte den Verwundeten eine gute Besserung. Während die Menschen nach Hause gingen, fing es an zu hageln.