Nuklearexport ohne Kontrolle

Bonner Atom-Ausschuß stellt fest: drei Mitarbeiter für 120.000 Vorgänge beim Nuklear-Export  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Eine „absolute Hilflosigkeit der Behörden“ konstatierte die Vorsitzende des Bonner Atom-Untersuchungsausschusses, Ingrid Matthäus-Maier, gestern, nachdem sich der Ausschuß mit der Genehmigung und Überprüfung von Nuklear-Exporten befaßt hatte. Im Eschborner Bundesamt für Wirtschaft, das für die Ausfuhr von Kernbrennstoffen und sensiblen Nuklear-Anlagen die Genehmigungen erteilt, bearbeiten drei Mitarbeiter rund 120.000 Einzelvorgänge im Jahr. Der Eschborner Oberregierungsrat Manfred Ruck klagte vor den Abgeordneten: „Die Belastungen sind kaum noch zu ertragen“. Auf Antrag der CDU fordert der Ausschuß nun eine Stellungnahme von Wirtschaftsminister Bangemann zu diesem eklatanten Personalmangel. Auch das Kölner Zollkriminalinstitut, vertreten durch den Regierungsdirektor Jürgen Rump, präsentierte sich nicht gerade als schlagkräftige Behörde bei der Fahndung nach illegalen Nuklear-Exporten. Die Grenzbeamten hätten überhaupt nicht die „Warenkenntnisse“, um getarnte Ausfuhren zu erkennen. Die Abfertigungspraxis für Atommüll sei auch nach dem Atomskandal im Winter nicht geändert worden; die Beamten handelten nach Dienstvorschrift, und die lautet: „Sendungen mit radioaktiven Stoffen werden so schnell wie möglich abgefertigt.“ Zwischen Hanau und dem belgischen Mol sei in keinem einzigen Fall eine Lieferung zurückgehalten worden, um die Identität von Faßinhalt und Begleitpapieren zu überprüfen, berichtete Rump.

Daß bundesdeutsche Firmen Ländern wie Südafrika und Pakistan bei der Aufrüstung zur Atommacht halfen, kann allerdings nicht allein mit Personalmangel erkärt werden. In mindestens einem Fall, so wurde im Ausschuß deutlich, erklärte das Eschborner Bundesamt eine Lieferung nach Pakistan für nicht genehmigungspflichtig, nachdem das Auswärtige Amt starke Bedenken gegen diesen Export angemeldet hatte. Referatsleiter Ruck verwahrte sich gegen den Eindruck, daß „am Auswärtigen Amt vorbeimanipuliert“ werde. Wie aus den für geheim erklärten Wirtschaftsakten des Untersuchungsausschusses hervorgeht, hat es auch in zahlreichen anderen Export-Fällen, vor allem nach Südafrika, Meinungsverschiedenheiten über die Genehmigungspraxis zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Wirtschaftsministerium gegeben.