Möwen sterben an Robben

Auf Amrum und Norderoog verenden 40 Prozent mehr Jungmöwen als in den Vorjahren durch Salmonellen  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin(taz) - Nach den Robben erwischt es jetzt die Möwen. Das befürchtet der Seevogelschutzverein Jordsand, nachdem in diesem Sommer auf der nordfriesischen Insel Amrum und der Hallig Norderoog etwa 40 Prozent mehr junge Silbermöwen verendet sind als in den Vorjahren.

Auslöser für das zunächst regional begrenzte Möwensterben ist nach Überzeugung des Vereins eine Salmonellenart, die in den Seehund-Kadavern vor der schleswig-holsteinischen Küste nachgewiesen wurde und die auch für die Badeverbote auf Norderney und Juist verantwortlich ist. Acht von elf auf Amrum und Norderoog tot oder krank aufgefundenen Möwen, die Professor Ulrich Neumann von der Tierärztlichen Hochschule Hannover auf Initiative von Jordsand in der vergangenen Woche untersuchte, waren mit Salmonellen befallen. Sie wiesen außerdem Veränderungen an verschiedenen Organen auf. Zwar handele es sich um eine kleine Stichprobe, erklärte Neumann, dennoch sei eine derartige Häufung von Salmonellen in Silbermöwen „ungewöhnlich“.

Für Uwe Schneider, Geschäftsführer von Jordsand, gibt es überhaupt keinen Zweifel, daß die Silbermöwen sich an Seehund-Kadavern infiziert haben, Fortsetzung auf Seite 2

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die auf einer Sandbank vor der Hallig Norderoog „bis letzte Woche zu Hunderten liegengeblieben“ seien. Die auf der Hallig nistenden Silbermöwen sind „Allesfresser“. „Die saßen auf den Hunden und pickten überall, wo sie rankonnten“, sagte Schneider. Viele der Jungmöwen hätten zunächst nicht mehr fliegen können und seien schließlich einfach umgekippt. Es sei außerdem absolut ungewöhnlich, daß jetzt, Mitte Sptember, noch immer viele Möwen ihre Nistplätze nicht verlassen hätten. Der Sprecher im Kieler Umweltministerium, Wolfgang Götze, war sich dagegen gestern „nicht ganz sicher“, ob nur die Seehund-Kadaver als Auslöser des Möwensterbens in Betracht kommen. „Offene Müllkippen oder das mit Müll und Fäkalien belastete Meer“, sagte Götze, könnten ebenso die Ursache für den verstärkten Salmonellenbefall sein.

„Ich kann das verstehen. Die haben kalte Füße“, meinte dazu Jordsand-Geschäftsführer Schneider. Es sei eine Fehlentscheidung des Ministeriums gewesen, „die toten Seehunde einfach liegen zu lassen, um die noch lebenden Tiere nicht zu stören“. Man habe auch „aus ästhetischen Gründen die Kadaver zuerst da aufgesammelt, wo die Touristen hinkommen“. Die Hallig Norderoog ist unbewohnt.