: Militärputsch auf Haiti
■ Militärdiktator Namphy von seinem Berater und Chef der Präsidialgarde, Avril, abgelöst / Der neue Präsident hat unter „Baby Doc“ Karriere gemacht / Schießerei im Präsidentenpalast
Port-au-Prince (afp/taz) - Im Karibikstaat Haiti hat sich der Chef der Präsidialgarde, Generalleutnant Prosper Avril, an die Macht geputscht und zum Präsidenten ernannt. Über den Verbleib des gestürzten Militärdiktators Henry Namphy, der am 19. Juni gegen den zivilen Präsidenten Leslie Manigat geputscht hatte, herrschte bei Redaktionsschluß noch Unklarheit. Nach unbestätigten Angaben soll er zum Flughafen gebracht worden sein, von wo er ins Exil gebracht werden sollte. Die an Haiti direkt angrenzende Dominikanische Republik hat ihm bereits Asyl angeboten.
Wie schon dem letzten Machtwechsel ging auch diesem eine ausgedehnte Schießerei im Präsidentenpalast voran. Und wie schon Namphy im Juni, so trat nun auch sein Nachfolger Avril mit dem Versprechen an die öffentlichkeit, Freiheit und die Einhaltung der Menschenrechte zu garantieren. Avril hatte Namphy und seiner Militärjunta, die im Februar 1986 nach der Flucht des Diktators Jean-Claude Duvalier alias „Baby Doc“ die Macht übernahm, als Berater gedient.
Wie Namphy hat auch Avril bereits unter der Duvalier -Diktatur eine steile Karriere gemacht. 14 Jahre lang überwachte er die Geldtransaktionen der Duvaliers ins Ausland und galt daher als der wahre Gouverneur der Zentralbank des ärmsten Landes der westlichen Hemisphäre. Später wurde Avril auch noch Sicherheitsberater Baby Docs, bis er dann dessen überstürzte Abreise organisierte.
Die 1.000 Mann starke Präsidialgarde, deren Chef sich nun selbst zum Präsidenten ausrief, ist neben dem von Jean -Claude Paul befehligten Dessalines-Bataillon, das über 800 Soldaten verfügt, die stärkste Einheit der 3.000 Mann starken Armee. Paul, der in den USA wegen Drogenhandels angeklagt ist, soll noch unbestätigten Berichten zufolge neuer Armeechef werden.
Neben Namphy wurde am späten Samstagnachmittag offenbar auch Franck Romain, Bürgermeister der Hauptstadt Port-au -Prince, entmachtet. Der altgediente Duvalierist hatte ein Massaker, bei dem vor einer Woche in der Kirche des überaus populären oppositionellen Priesters Jean-Bertrand Aristide zwölf Menschen ermordet wurden, begrüßt.
thos
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