3.000 Nazis halten Passau in Atem

Die rechtsextreme DVU veranstaltete gestern das größte Nazitreffen Westeuropas in Passau / 1.500 Antifaschisten demonstrierten / Polizei blockiert Zufahrtswege / 21 Festnahmen von DVU-Gegnern  ■  Aus Passau Wolfgang Gast

Ein Polizeiaufgebot, wie es die Stadt Passau bisher noch nicht gesehen hat, begleitete gestern den siebten Kongreß der rechtsextremen „Deutschen Volksunion“ (DVU). Zeitgleich protestierten etwa 1.500 DemonstrantInnen in der Passauer Innenstadt gegen das Treffen der alten und neuen Nazis. Tagsüber glich die Stadt einer belagerten Festung: Einheiten der Bereitschaftspolizei und des Bundesgrenzschutzes hatten die Umgebung der Nibelungenhalle, wo der DVU-Kongreß stattfand, hermetisch abgeriegelt. Angaben über die Größe des Polizeiaufgebotes wollte die Einsatzleitung nicht machen; die Organisatoren der Gegendemonstration sprachen von über sieben eingesetzten Hundertschaften.

Passau ist seit 1971 Treffpunkt der Rechtsradikalen um den Herausgeber der 'Nationalzeitung‘, Gerhard Frey, der an dem Treffen ebenso teilnahm wie der Bundesvorsitzende der NPD, Martin Mußgnug. Das alljährliche Treffen mit fast 3.000 Teilnehmern gilt als die größte rechtsradikale Versammlung in Westeuropa.

Erstmalig hat in diesem Jahr ein breites Bündnis der im Passauer Stadtrat vertretenen Parteien - von der CSU bis zu den Grünen - ein „Passauer Bürgermanifest“ verabschiedet. Darin wird die DVU aufgefordert, „den Namen unserer Stadt nicht länger in die dumpfe Ecke ihrer rechtsextremen Aktivitäten zu ziehen“. Weiter fordern sie darin Bundesinnenminister Zimmermann auf, gegen die DVU „genauso energisch vorzugehen, wie Bonn das einst ja erfolgreich gegen die sogenannnte Sozialistische Reichspartei sowie gegen die KPD praktiziert hat“. Passaus Bürgermeister Hösel (CSU) hatte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz erklärt, jeder, der an der Demonstration teilnehme, verdiene seinen Respekt. Offiziell zur Teilnahme aufrufen wollte er aber nicht. Im Vorfeld hatte die Stadt Passau versucht, der DVU die Nibelungenhalle zu verweigern. Sie war aber auf dem Gerichtsweg der DVU unterlegen. Der von den Kundgebungsrednern beschworene „antifaschistische Konsens“ scheint nicht alle Passauer Bürger erreicht zu haben. So zierten die Auslage einer Bäckerei am Residenzplatz mehrere seitenverkehrte aus Brotteig geflochtene Hakenkreuze („Denk ich an Deutschland in der Nacht... d.S.).

Für das antifaschistische Bündnis erklärte auf der Auftaktkundgebung Heinz Hießberger, „der Widerstand gegen das DVU-Treffen habe eine Stärke erreicht, die künftig „die Durchführung der Nazitreffen verhindern wird“. Max Lindinger, örtlicher Abgeordneter der Grünen, betonte, das Manifest müsse nun mit Leben erfüllt werden, wenn es nicht zu „Makulatur“ verkommen solle.

Aufgrund zahlreicher Polizeikontrollen auf den Anfahrtswegen erreichte ein Teil der TeilnehmerInnen die Demonstration mit erheblicher Verspätung. In einem Bus aus München wurde das Transparent der „Grünen“ beschlagnahmt. Der beanstandete Text lautete: „Die Grünen - ökologisch, basisdemokratisch, sozial“. Das Transparent wurde nach einer dreiviertel Stunde wieder ausgehändigt, die dazu gehörigen Fahnenstangen blieben beschlagnahmt. Insgesamt wurden im Vorfeld der Kundgebung 21 Personen wegen „Mitführens gefährlicher Gegenstände“ vorübergehend festgenommen. Drei von ihnen wurden dem Haftrichter vorgeführt.

Die Demonstration, zu der auch autonome Gruppen mobilisiert hatten, endete mit einer Abschlußkundgebung „außerhalb der Wurfweite“ rund 60 Meter von der Nibelungenhalle entfernt. Zahlreiche Demonstranten blockierten dann mit Menschenketten die Zugänge zur Tagungsstätte der DVU. Zum Teil unter Schlagstockeinsatz wurde den DVU-Mitgliedern von der Polizei der Weg freigemacht. Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag warnte Anne Schulz, Bundesvorstandsmitglied der Grünen, bei aller Richtigkeit und Wichtigkeit des Protestes und des Widerstandes die Wurzeln des Rechtsradikalismus zu vernachlässigen. Die eigentliche Gefahr gehe von den Leuten aus, „die den alten Faschismus durch einen neuen europäischen Chauvinismus ersetzen wollen“.