Ein Stück Volkskultur

■ Das Kreativbüro der Suchtklinik Sebaldsbrück macht heute mit allen einen Umzug zum Thema „Verwandlungen“

Ein gelbes Sonnengesicht mit grünen Blättern gefolgt von einer Burg in einer Herbstlandschaft auf einem alten Bollerwagen gezogen von vier Knapppen, der zweigesichtige gelb-braune Herbst, eine Windhexe, Fabelwesen, halb Mensch, halb Tier, Totem-Masken, Wesen aus dem All, ein buntes verwandelbares Phantasiewesen ähnlich einer Raupe, gefolgt von schwarzen Mächten, Raketen und Giftfässern und zum Schluß auf einem Thron der König, mit einer hellen und einer dunklen Seite, hinter ihm die große goldene Sonne. All diese Wesen werden heute musizierend durch den Bremer Osten ziehen. Hinter den Masken und in den Kostümen werden sich die Patienten und Mitarbeiter der Klinik Sebaldsbrück befinden.

Geplant und vorbereitet hat diesen herbstlichen Umzug unter dem Motto Verwandlungen das Kreativbüro. Zwei Monate lang haben die Mitarbeiter des Kreativbüros - aus den Berufsfeldern Kunstpädagogik, Kulturwissenschaft und Musikpädagogik - gemeinsam mit Patienten und Mitarbeitern der Suchtklinik Sebaldsbrück in einer mobilen Künstlerwerkstatt gearbeitet. Unter einem bunten Zeltdach auf dem Gelände der Klinik, bei Regen in der Turnhalle, wurden mit den Gruppen der verschiedenen Stationen Masken, Kostüme und Musikinstrumente gebastelt. Thema des Umzugs wurde von den Patienten selbst gewählt. „Der Umzug soll ein Stück Volkskultur sein“ erlärt Achim Tischer vom Kreativbüro, und die Arbeit mit den Patienten ist für ihn „in erster Linie eine künstlerische Arbeit.“ Darüber hinaus hat

der Umzug aber auch das Ziel „dem Patienten zu ermöglichen im Schutz der Masken und Kostüme, die seine Anonymität wahren, wieder in den normalen Alltag hinaus zu gehen“ und auf der anderen Seite „soll die Angst des Normalbürgers vor der Psychatrie relativiert werden.“

Den Patienten und Mitarbeitern der Klinik ermöglichte die Arbeit eine ganz „andere Art der Begegnung“ in dem verplanten Krankenhausalltag, erzählt ein Sozialarbeiter, „man fühlt sich mehr als Kollegen“. Das therapeutische Interesse an dem Projekt liegt darin, daß der Patient das, was er in seinem Therapiealltag lernen soll („wie gehe ich mit schwierigen Situationen um“) und erlebt, eine Verwandlung, hier in eine andere Form umgesetzt wird. Der Umzug findet im Rahmen der Herbstfesttage 88 des Bremer Ostens im Park des Zentralkrankenhauses Bremen Ost statt.

Roswitha Bünjer