Draufgänger des Senats

■ In fünf Monaten knüpften 30 InderInnen 800.000 Schlingen in den neuen Teppich des Senatssaals / Billige Mühsahl

Wenn sich heute der Senat zur Sitzung setzt, haben Bremens Stadtobere neue Schlingen unter ihren Füßen. Über 80 Jahre hatte der alte Teppich im hanseatisch-herrschaftlichen Senatssaal des Rathauses dem Scharren und Stampfen der Senatoren-Schuhe standgehalten, dann ließen sich die dünnen Stellen und die kleinen Löcher nicht länger kaschieren. Ein neuer Bodenbelag mußte her.

800.000 Knoten haben 30 indische WeberInnen in fünf Monaten geknüpft. 1.000 Kilo Wolle in 13 Farben wurden verbraucht, zwei Rahmen (neun und vier Meter breit) bespannt. 800 Kilometer von Delhi im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh, in Badoi-Mandal zwischen Vranasi und Mizrapur, entstand der „Draufgänger“ für Senats-Füße.

Doch richtig schwierig wurde es erst, als der Teppich schon fertig war, erinnert sich Peter Diemer, Mitarbeiter des Landesamtes für Entwicklungs-Zusammenarbeit und in seiner Privatfunktion als Mitglied der kleinen Bremer Consulting -Firma „BORDA“ Koordinator der Teppichproduktion. Das große Ge

webe mußte nämlich ein paar tausend Kilometer weit verfrachtet werden. Und schon die erste Etappe wurde vom Anfang Juni hereinbrechenden Monsun gestoppt. Als der Laster mit Überlänge aus dem Straßenmatsch gezogen war, erwies sich seine Teppich-Ladung als zu groß für den bestellten Platz im Lufthansa-Jet. Und Air France, die ersatzweise einsprang, verlor kurz darauf in einer Bruchlandung das entsprechende Lastflugzeug.

Schließlich lag der 100 Quadratmeter große Teppich doch im Bremer Rathaus, und Mohammed Ansari paßte ihn in die Türfüllungen und Winkel des fast ovalen Senatssaals ein. Doch die Regierungsriege ist jetzt nicht nur stolz auf das edle neue Gewebe zu ihren Füßen, mindestens genauso froh ist man im Rathaus über das gelungene Schnäppchen. Denn dank billiger indischer Arbeitskraft kostete der neue Teppich mit rund 100.000 Mark nur ein rundes Drittel dessen, was die Vergleichsangebote gefordert hatten. Und die 100.000 harten Mark werden aus Toto-Lotto-Mitteln bezahlt.

Ase