Die total kontrollierte Stadt

■ Berlins Schlußflöcher werden IWF-mäßig abgeschottet

Berlin (taz) - Wer während der IWF-Tagung nach Berlin will, muß sich auf scharfe Personenkontrollen an den Grenzübergängen einstellen. Berlins Innensenator Kewenig hat seine Amtskollegen in den Bundesländern „ausdrücklich gebeten, potentielle Störer der Tagung schon auf der Fahrt nach Berlin aufzuhalten und zurückzuschicken“. Die Beamten an den Grenzübergängen von der Bundesrepublik nach West -Berlin sind darauf vorbereitet, lückenlose Personenkontrollen vorzunehmen, bestätigte der Berliner Innensenator. Sollten aber dennoch „potentielle Störer“ den Vorkontrollen auf den Autobahnen und an den Grenzen entgehen, so können sie sich sicher sein, bei der Ankunft in West-Berlin erneut in eine Kontrolle zu geraten. Nicht nur der Flughafen Tegel, sondern auch der West-Berliner Bahnhof Zoo ist Ort scharfer Kontrollen. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Polizei allen Personen, die zwischen 20 und 35 Jahre alt sind. Der Berliner Landesvorsitzende des DGB, Pagels, fühlte sich letzten Sonntag bei seiner Ankuft auf dem Flughafen Tegel angesichts des dort schon jetzt postierten riesigen Polizeiaufgebots „an eine Militärdiktatur erinnert“.

Zum Schutz der Banker hat sich Berlin in eine Polizeifestung verwandelt. Zu den 6.000 Berlin Polizisten kommen 2.700 importierte aus sieben Bundesländern hinzu. Straßenkontrollen nach dem Anti-Terrorparagraph111 finden bereits seit Wochen im ganzen Stadtgebiet statt. Dazu kommen Hunderte von „gewöhnlichen“ Vekehrskontrollen, allein 93 am 9.und 10.September, bei denen 3.200 Personen überprüft wurden. Demonstrative Polizei-Präsenz vor allem im renitenten Bezirk Kreuzberg, 30 vorübergehende Festnahmen und acht Hausdurchsuchungen sollen die Tagungsgegner einschüchtern. Museen und Galerien, Hotels und ganze Straßenzüge gehören für eine Woche den Herren der Hochfinanz. Für die An- und Abfahrt der Banker von ihren Hotels zum Tagungsort, dem Internationalen Congresszentrum (ICC) werden Straßenzüge hermetisch abgesperrt.

Vorsicht ist derzeit sogar geboten, wenn man mehrere Tageszeitungen gleichzeitig am Kiosk verlangt. Über die Pressevertriebsgesellschaften in der BRD und West-Berlin hat das Bundeskriminalamt Fahndungsaufrufe verteilen lassen. Die Händler werden aufgefordert, besonders auf Käufer mehrerer Tageszeitungen zu achten. Verdächtig macht sich demnach schon, wer zum Beispiel 'FR‘, 'Die Welt‘, 'Süddeutsche‘ und die taz auf einmal kauft. Begründung aus dem BKA: weil „Terroristen zur Vorbereitung ihrer Anschläge mehrere Tageszeitungen benutzen“.

time