Engagement-betr.: "Positionsbestimmung", taz vom 5.9.88

Betr.: „Positionsbestimmung“, taz v. 5.9.88

Als teilnehmender Künstler der Austellung Konstruktion und Konzeption muß ich festellen, daß Sie auf Kosten der Künstler Ihre ideologische Position propagieren. Da Sie ja festellen konnten, daß bei dieser Ausstellung die Galerie als Veranstalter und der Initiator Diet Sayer in derselben Situation sind wie die Künstler, könnten Sie doch, wenn Sie Interesse für die Situation der Künstler haben, etwas für sie tun, anstatt eine negative Stimmung zu verbreiten.

Die Initiative und das Engagement von Diet Sayer und der Galerie Adlung und Kaiser wird von mir und den teilnehmenden Künstlern mit großer Anerkennung betrachtet, denn es ist für eine kleine, junge Galerie ein sehr mutiger Schritt, mit außergewöhnlichem Einsatz, denn die Unterstützung von offizieller kulturinstitutioneller Seite blieb fast ganz aus. Lediglich „Kunst am Schöneberg“ hat den Versand der Einladungskarten übernommen.

Unter solchen Umständen so eine Ausstellung zu realisieren, ist eine großartige Leistung, die es verdient, sich inhaltlich mit ihr auseinanderzusetzen.

Die Tatsache, daß der Künstler Reibungspotential ist, ist ja bekannt, und die meisten künstlerischen Aktivitäten finden unter solchen Bedingungen statt. Das ist auch die Frage der Verteilung kultureller Mittel, insofern auch eine politische Frage.

Jochen Scheithauer, München

Nur ein paar Gedanken zu Eurem Artikel „Positionsbestimmung

-Geschäftliches zur Ausstellung im S-Bahnhof Schöneberg“.

Eigentlich doch eine gute Idee, das „Europading in Berlin 88“ für die konkrete, konstruktive und konzeptionelle Kunst „anzuzapfen“, von der ja bekanntlicherweise in Berlin bisher noch nicht viel zu sehen war (ein bedauerlicher Mangel). Als Beteiligter an diesem „ambitionierten Großprojekt“ habe ich mir tatsächlich den Luxus geleistet, „ehrenamtlicher Ausstatter einer schönen Idee“ zu sein, und komme mir noch nicht einmal (selbst-)ausgebeutet vor (meine Kollegen werden mich da bestätigen). Verdient hat schließlich an diesem Projekt keiner - auch nicht die „Impresarios“ -, Ihr tretet da den falschen Hund. Vielleicht liegt unter anderem auch hier der Unterschied zu der „Vorbild-Unternehmung“ im anderen Bahnhof.

Jeder Beteiligte hat mit viel Engagement und überzeugt von der Notwendigkeit seines künstlerischen Beitrags, zum Gelingen dieser Ausstellung beigetragen wobei es uns zuallererst um die Kunst, ums Inhaltliche ging, weniger ums Geschäftliche; eine Tatsache, für die aber anscheinend kaum einer Verständnis aufbringt (auch bei der taz??), da es sicher ein „zeitloses“ Phänomen ist, daß der Wert oder die Bedeutung einer Ausstellung proportional mit ihrer finanziellen Ausstattung bzw. der Dicke des begleitenden Katalogs wächst.

Gegen's Geldverdienen hat bestimmt keiner was einzuwenden; aber wenn sich die „öffentliche Hand“ aus der Affäre zieht: Hätten wir unser „Ding“ einfach sterben lassen sollen?

In der Hoffnung, daß der Senat beim nächsten Mal ein Einsehen hat und die Gelder für die „kleinen Dinger“ nicht schon vorher von den „großen Dingern“ aufgefressen sind, verbleibe ich mit besten Grüßen.

Heiner Thiel, Wiesbaden