Bundeswehr verschwieg Explosion

■ Explosion in einer Anlage der Bundeswehr zur Vernichtung von Giftkampfstoffen / Keine Meldung an zivile Dientsstellen / Verstoß gegen Störfall-Verordnung / Störfälle in der Munsteraner Anlage „an der Tagesordnung“

Hannover (dpa/taz) - Eine bisher geheimgehaltene Explosion in einer der Verbrennungsanlagen der Kampfmittelbeseitigungsanlage (C-Waffen) der Bundeswehr in Munster (Niedersachsen) hat schon am 6.September zu einem Teilausfall der Anlage der wehrwissenschaftlichen Dienststelle geführt. Der in Hannover erscheinenden 'Neue Presse‘ wurde dieser Vorfall durch das Bundesverteidigungsministerium bestätigt. Von der Bundeswehr sei bisher - trotz Störfall-Verordnung - keine zivile Dienststelle über die Explosion unterrichtet worden.

Die Explosion hatte sich in den Morgenstunden des 6.Septembers ereignet. Menschen seien dabei nicht verletzt worden, Schadstoffe nicht ausgetreten, erklärte der Sprecher. Die Schäden hätten sich auf den inneren Bereich der Anlagen begrenzt.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Lüneburg, Klaus Schwarplys, erklärte auf Anfrage, seine Behörde sei von der Bundeswehr über den Unfall nicht informiert worden. Ein Oberstaatsanwalt, der sich zu einem Routinebesuch der Wehrwissenschaftlichen Dienststelle (WWD) in Munster hatte anmelden wollen, habe zwei Tage später zufällig von dem Vorfall gehört. Offiziell informiert worden sei man bis heute nicht. Beamte der Kriminalpolizei wurden am Donnerstag nach Munster geschickt. Auch Niedersachsens Umweltministerium war offiziell nicht über die Explosion informiert worden.

In der Brennkammer sollten nach Angaben des Sprechers der Hardthöhe mehrere Kilogramm Munition aus dem Ersten Weltkrieg, an der noch Spuren von Kampfstoffen hafteten, Reizstoffe, Hautentgiftungsmittel, mit Giftstoffen verseuchte Stiefel und Kleidungsstücke verbrannt werden. Offensichtlich waren die Kampfstoffe nicht sorgfältig genug von der Munition getrennt worden, so daß es in der inneren Kammer zu der Explosion kam.

Während das Verteidigungsministerium die Kampfmittelbeseitigungsanlage insgesamt als „voll funktionsfähig“ bezeichnet, zitiert die 'Neue Presse‘ einen ungenannten Informanten mit der Aussage: „Kleinere Störfälle und kaputte Öfen sind doch da an der Tagesordnung“, die Anlage sei zur Zeit so demoliert, daß keine festen Stoffe mehr verbrannt werden könnten. Die Kampfmittelbeseitigungsanlage ist die einzige Anlage in der BRD, in der Giftgasbestände, die überwiegend noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, beseitigt werden können. Nach Angaben von Insidern stapeln sich auf dem Gelände sogenannte problematische Granaten, für die es bisher keine Möglichkeit der Entsorgung gibt.