Becks - im Dienste des Kennersuffs

■ Gerste aus England und Hopfen aus Bayern machen Bremen weltberühmt Die Produktion einer Stunde kann eine mittlere Stadt mehrere Tage unter Alkohol setzen

Was macht Bremen weltbekannt? Der Roland? Die Böttcherstraße? Die Stadtmusikanten? Werder Bremen oder gar der Hafen? Alles falsch. Bekannt in der Welt ist Bremen nur, weil eine Brauerei kleine, grüne Flaschen abfüllt und in 140 Länder schickt. Von der Zugspitze bis Johannesburg, von Tokio bis San Franzisko steht sie auf Tresen und in Regalen. Nicht unverdient, daß das Etikett eine Art Bremer Landeswappen trägt, wenn auch der Bart des Schlüssels, anders als beim Original, nach links zeigt.

In der Abfüllhalle herrscht ohrenbetäubender Lärm. Zehntau

sende von Flaschen klötern auf dem Förderband vorwärts. Nachdem die Flasche automatisch gereinigt, gefüllt und schließlich verschlossen ist, passiert sie die Kontrollstelle. 65.000 mal in der Stunde rumpelt eine Flasche an dem Mann vorbei, der per Augenschein überprüfen soll, ob das Bier bis unter den Kronkorken schäumt. Hafentage: BremerInnen dürfen hiesige Betriebe überprüfen. Klar, daß da die Brauerei Becks ein Renner ist.

„Wer soll das bloß alles trinken“, fragen sich die Männer mit den feinen roten Adern neben der Nase immer wieder. „In diesem Leben schaffen wir das nicht mehr.“ Recht haben sie. Schon die Produktion einer Stunde würde reichen, alle Einwohner einer mittleren Stadt für mehrere

Tage unter Alkohol zu setzen. 350.000 Flaschen und 100.000 Dosen verlassen in 60 Minuten die Fließbänder. Dazu kommen rund achttausend Fässer.

Hopfen und Malz - Gott erhalts, sprachen bereits Säufer vergangener Jahrhunderte. Heute schicken deutsche Brauereien einen Stoßseufzer hinterher: „Und halte uns die ausländische Konkurrenz vom Hals!“ Denn die, welch Frevel, mischt den edlen Zutaten dubiose chemische Substanzen bei, um den Brauprozeß abzukürzen oder die Haltbarkeit zu verlängern. Nichts davon bei Becks, schwört der Fremdenführer. Die Gerste wird aus England und Dänemark importiert, denn dort ist das Getreide wegen des Meeresklimas eiweißärmer. Dies verlängert die Haltbarkeit des Bieres.Der Hopfen kommt aus dem bayrischen. Durch kupferne Maischegefäße und Würzpfannen kocht der Sud bei 60-70 Grad in niedersächsischem Wasser, bis das süße Malz entsteht, die Stammwürze. Versetzt mit Hefe wird aus dem Zucker Alkohol. In riesigen Tanks wird das Bier bis kurz vor den Gefrierpunkt gekühlt, ehe es dann in Flaschen oder Fässer abgefüllt wird. Allein für die Kühlung und die Reinigung der Flaschen fördert Becks mit sechs eigenen Pumpen pro Stunde 600 Kubikmeter Wasser, eine Menge, die ausreicht, eine Stadt mit 70.000 Einwoh

nern zu versorgen.

Auch wenn es das Renommierprodukt ist: Becks ist viel mehr als das Bier, das Kennerdurst löscht. Becks ist die größte deutsche Brauerei in Privatbesitz. 1.500 Mitarbeiter haben im letzten Geschäftsjahr 910 Millionen Mark Umsatz erarbeitet. Haake Beck,

Kräusen, Hemelinger, Remmer, die Bremer Coca Cola Niederlassung, Victoria Mineralbrunnen gehören ebenso zu Becks wie Anteile an der Nienburger Glashütte. 35 Prozent der Geschäfte werden im Export gemacht, vor allem mit den USA.

Im Gästeraum wird den Besu

cherInnen nicht nur Bier, sondern im Werbefilm auch ein Stück hanseatische Ideologie aus der Feder des Freiherrn von Knigge serviert. Bremische Tugend ist, „wenn der Luxus trotz Reichtum nicht sehr hervorsticht.“ Na denn, Prost!

Holger Bruns-Kösters