Seh'n oder Nichtseh'n

■ „Die Männer vom K3“: Neue, achtteilige Krimi-Serie monatlich samstags in der ARD

Neben Familienserien sind Polizistenserien die essentiellen Programmbestandteile des deutschen Unterhaltungsfernsehens. Führend in der Vermittlung der schweren Probleme im Ordnung schaffenden Polizei-Kommissariat: das ZDF mit den Rennern „Derrick“, dem „Alten“, „Die Zwei“, hinterherhinkend die ARD mit ihrem dahinsiechenden „Tatort„-Bandwurm, dem längst begrabenen „Sonderdezernat K1“ und eingekauften Serien aus USA. Was liegt also näher, als der Polizeistation ZDF mal wieder die Stirn zu bieten, ganz neu erdachte ARD -Ordungsmannen loszuschicken, und zwar, wie der Ansager verhieß, „normale Polizisten, die sich mit unnormalen Dingen herumschlagen müssen.“

Der Vorspann zeigt auch schon, mit welchen unnormalen Dingen sich diese normalen „Männer vom K3“ je eineinhalb Stunden herumzuschlagen haben: Sprung aus dem Hochhaus, nackte Weiber, Sirenengejaul und grelles Scheinwerferlicht; Spieltische, Fluchten, Verbrecherjagden - nicht zu vergessen: gellende Musik. Alles in allem: So stinknormal, wie sich eben deutsche Polizistenserien-Autoren - mit begehrlichem Blick auf die USA - einschaltquotenträchtige action vorstellen.

Und schon hängen deutsche Knittergesichter vor der Kamera: Hansjörg Felmy, vom „Tatort„-Kommissar zum ungeliebten, weil mächtig reichen Fuhrunternehmensleiter hingetrimmt. „Familienfehde“ heißt die erste Folge, die umstandslos zur Sache kommt: Als erstes verunfallt der rasende Unternehmer mit seinem Auto. In Zeitlupe, unterlegt von moll-sägender Violinmusik. Und da liegt er auch schon auf dem Rasen (70 Minuten später liegt er dann drunter, gezielt erschossen). Er würgt, stöhnt und schreit zum Gotterbarmen. Und zum ersten Mal beschleicht einen die Vermutung: Die neue Serie krallt sich per Inszenierung auf widerlichste, aufdringlichste Weise in die Sinne des Publikums, übertölpelt und terrorisiert die Zuschauer pausenlos mit Großaufnahmen, hackenden Schnitten, klirrenden Tassen, langdauerndem Gewinsel, Gebrüll, Geplärr. Vermutlich die einzige Waffe, mit der ein hundsmiserables Drehbuch wie dies an die Kamerafront geschossen werden kann.

Der deutsche Krimi-Regisseur und -Autor scheint - mit wenigen Ausnahmen - nichts zu kennen, was zwischen hilflos -zerdehntem Derrick-Stil und gewalttätiger Hauruck -Inszenierung liegt. Dialoge vom Kaliber: „Du mieses, dreckiges Schwein“ gelten als Inbegriff der emotionalen Bewegung des überführten Täters. In diesem Fall war es Felmys Ehefrau, von Renan Demirkan spitzmündig-fürnehm vorgelogen: Eineinhalb Stunden lang spielte sie uns und ihrem Gatten die schwülste Seufzer-Liebe vor, und als er dann - auf ihr Geheiß - mausetot erschossen im Auto lag und sie keinen Grund mehr hatte, ihm etwas vorzuspielen, brüllte sie - allein und ohne Zeugen, wohlgemerkt - für die Zuschauer ein bestialisches „Neinneinnein“ in die Nacht hinaus.

Mit solch billigen Mitteln sollen wir uns verschaukeln lassen. Müssen wir so die verheißenen „unnormalen Dinge“ verstehen? Unnormal, weil derart idiotisch ausgedacht und vorgespielt? Die größte Leistung kam übrigens von Felmy -Bruder Sigmar Solbach, dem „Traumschiff„-Steward. Wo dieser gelbhaarige Holzklotz als angeblicher Schauspieler mit seinem Unterkiefer mahlen darf, wo der auf der Darstellerliste steht, braucht man den Fernsehapparat erst gar nicht einzuschalten.

Sybille Simon-Zülch