Not-betr.: "Nicaragua macht IWF-Politik", taz vom 19.9.88

Betr.: „Nicaragua macht IWF-Politik“,

taz vom 19.9.88, S. 8

(...)Folgende Ergänzungen halte ich zum besseren Verständnis (d. o.g. Artikels) für notwendig:

-Das wirtschaftlich Anpassungsprogramm der nicarguanischen Regierung ist nicht das Resultat einer neoliberalen Wende, sondern einfach der blanken Not. Für viele Sozialleistungen ist schlichtweg kein Geld da.

-Das Anpassungsprogramm ist sicher nicht mit Seitenblick auf IWF und WB entworfen worden, gegen eine Wiederaufnahme der Finanzierung von Projekten durch die Weltbank hätte Nicaragua allerdings sicher nichts einzuwenden. Nur, das wird in Washington ausschließlich nach politischen Kriterien entschieden und wäre, wenn überhaupt, nur unter einer demokratischen Regierung denkbar. Insofern ist Nicaragua nach wie vor auf viel Solidarität angewiesen.

-Aus der Tatsache, daß nun auch Nicaragua zu IWF/WB -Rezepturen greift, kann man schließen, daß diese auch in anderen Ländern einen rationalen Kern (siehe Argumentation von Tetzlaff) haben. Dies bedeutet nun allerdings nicht, daß angesichts der anstehenden Berlin-Tagung beider Institutionen nicht deutliche Kritik angesagt sei. Angesichts der gewaltigen und mit enormen sozialen Opfern erbrachten „Anpassungsleistungen“ vieler Entwicklungsländer ist es eine Tatsache, daß Regierungen und Banken der Industrieländer bisher erst in minimalstem Umfang Schulden gestrichen haben. Obwohl alle die Beteiligten, die sich in Berlin versammeln werden, wissen, daß an einem weitgehenden Forderungsverzicht kein Weg vorbei führt, wird der Zeitpunkt für einen solchen Schuldenerlaß buchstäblich auf dem Rücken der ärmsten der Armen soweit wie möglich nach hinten hinausgschoben.

Peltzer, Kerpen-Horrem