clowns-grenzen

■ erwi und alvi, zwei ernsthafte komödianten foto: steinberg

taz: ihr habt eure gemeinsame arbeit in bremen als clowns begonnen. euer erstes programm hiess „synfonie für augen und-blicke“. dann machten wir zusammen „fliegen rasiert man nicht“. dann nanntet ihr euch nicht mehr „clowns“. warum?

erwi: wir sind von einem zirkus artigen spektakel zu einem stück gekommen, hinter dem man eine geschichte sehen konnte. wir merkten, dass wir ein starkes interesse hatten, etwas zu „sagen“. theaterspiel war dazu geeignet, ohne dass wir schon die clownsfiguren verlieren wollten.

eure arbeit ist stark geprägt von eurer kultur, musik, poesie, der südamerikanischen mentalität. ist das eine form der „überlebensstrategie“?

erwi: als wir damit begannen, war es eine antwort auf viele fragen: das hier-sein, das heimatlos-sein. wir hatten schon vieles gemacht, musik, studiert, wir lebten in einer politischen realität, und dann fanden wir im theater eine bessere art, mit unserem leben etwas anzufangen.

alvi: also für mich hat die tatsache, dass ich theater spiele, nichts mit dem ort zu tun, an dem ich lebe. es hat nur mit mir zu tun. was natürlich schon mit meiner herkunft zu tun hat, das sind die themen, mit denen wir umgehen. dass wir das thema südamerika in unserer neuen produktion aufgreifen, machen wir nicht, weil wir aus südamerika kommen, sondern weil die geschichte südamerikas so absolut entscheidend war für die geschichte europas.

ihr arbeitet nun an eurer 4. produktion, ihr werdet am 20. 10.die uraufführung eures neuen stückes im freiraum theater in bremen haben. was wird sich verändert, entwickelt haben?

alvi: es ist sehr wichtig, dass wir als figuren jetzt nicht mehr harmlos sind. dass wir „nach vorne“ gehn. interessant auch, dass die beiden figuren nicht mehr erwi und alvi heissen.

was versteht ihr an eurer arbeit als das politische?

erwi: seit dem tage, an dem wir begonnen haben, theater zu machen, ist unser theater schon immer politisch gewesen.

alvi: als clowns waren wir es für die leute, die feine augen und ohren haben. wir haben keine politischen begriffe benutzt. in unserem neuen stück sind die figuren viel konkreter mit der realität konfrontiert.

würdet ihr gerne in chile spielen, und was wäre dann anders?

erwi: wir spielen oft mit dem gedanken. aber wir würden nicht sagen: schiffe verbrennen und ab nach chile, sondern wir müssten kompakt drei monate auftreten.

alvi: ich möchte in chile spielen. unbedingt. ich habe unheimliche angst davor. ich habe noch nie in spanischer sprache gespielt. was wäre dann anders? was ich mir wünsche: es ist das publikum, die leute. hier frage ich mich immer mehr, für wen ich spiele. die leute konsumieren - alles. ich wünschte mir, wenn ich in chile theater mache, dass ich an den leuten was mache. dass die leute sich bewegen. ich habe dieses gefühl hier leider nicht.

j.m.o.