Mafia schlägt wieder zu

Rom (taz) - Am frühen Montagmorgen wurde nahe dem innersizilianischen Calanissetta der Präsident des Revisionsgerichtshofes von Palermo, Antonio Saetta, 66, zusammen mit seinem 35jährigen Sohn Stefano erschossen. Saetta hatte im Revisionsverfahren wegen der Ermordung des Obersten Ermittlungsrichters Rocco Chinnici die lebenslängliche Haftstrafe gegen den Boss aller Bosse Siziliens, Michele Greco, und seine Gefolgsleute bestätigt. Obwohl seit diesem Urteil vor zwei Jahren ständige Morddrohungen gegen den Richter durch Anhänger Grecos (genannt „der Papst“) eingegangen waren, hatten die Sicherheitsbehörden Saetta die ganztägige Eskorte entzogen.

Der Mord wurde offenbar nach althergebrachter Mafia-Planung just zu einem Zeitpunkt verübt, zu dem die Aufmerksamkeit der Italiener überallhin, nur nicht nach Sizilien gerichtet ist: die Olympischen Spiele nehmen die Nation voll und ganz ein, und politisch steht diese Woche eine der wichtigsten Entscheidungen der Nachkriegszeit an - die Aufhebung der geheimen Abstimmungen im Parlament. Ähnlich war die Mafia bereits 1980 bei der Ermordung des Regionalministerpräsidenten Mattarella, und 1982 beim Attentat auf den KP-Führer La Torre und den Präfekten dalla Chiesa vorgegangen.

Werner Raith