„Abtreibungspille“ in Frankreich zugelassen

■ Strenge Kontrolle vorgeschrieben / Feministische Gesundheits- Projekte skeptisch / Hersteller peilt Markt in Dritter Welt an

Paris (dpa/taz) - Frankreich hat als erstes europäisches Land eine „Abtreibungs-Pille“ zugelassen, Das von der deutschen Hoechst-Tochter Roussel-Uclaf seit 1982 erprobte Medikament, das bis zum 49. Tag nach der letzten Monatsblutung verabreicht werden kann, wurde jüngst auch in China genehmigt. In Frankreich darf es auf Anordnung des Gesundheitsministeriums nur in bestimmten Kliniken ausgegeben werden, die bereits Erfahrung mit chirurgischen Schwangerschaftsunterbrechungen haben. In Apotheken wird das Medikament mit dem wissenschaftlichen Namen Mifepristone nicht erhältlich sein.

Kritik an der Zulassung der „Abtreibungs-Pille“ kam von der katholischen Kirche: Es werde ein Medikament legalisiert, dessen Aufgabe es nicht sei, Leben zu retten, sondern zu töten.

Mifepristone besteht aus synthetischen Anti-Hormonen, die die Einnistung des befruchteten Eis in die Gebärmutter verhindern. Insgesamt dreimal müssen sich Frauen in ärztliche Behandlung begeben: Beim ersten Mal werden 600 Milligramm intramuskulös oder intravaginal verabreicht. 36 bis 38 Stunden später müssen Frauen zusätzlich die hormonähnliche Substanz Prostaglandinen einnehmen, die ein Zusammenziehen der Gebärmutter bewirkt. Das Ei wird dann unter Krämpfen und Blutungen ausgestoßen. Nach weiteren acht bis zehn Tagen ist eine Kontrolluntersuchung vorgeschrieben. Forscher des französischen Konzerns geben als größtes Risiko schwere Blutungen an, die bei drei von hundert Schwangeren, die das Mittel nehmen, auftreten. Mifepristone soll in 95 bis 99 Prozent aller Fälle wirksam sein: in den fünf Prozent, bei denen die Schwangerschaft nicht unterbrochen wird, kommt es zu schweren Mißbildungen des Fötus.

Verteterinnen feministischer Gesundheitsprojekte warnen vor zu großer Euphorie über die „Abtreibungs-Pille“. Die strikten staatlichen Auflagen würden die Möglichkeiten für eine Abtreibung nicht erleichtern. Weiterhin ließen sich die Auswirkungen des Medikaments heute überhaupt noch nicht abschätzen.

Der Konzern Roussel-Uclaf erhofft sich Marktchancen in Schweden, Großbritannien und den Niederlanden. In der BRD hatte sich die bayerische Justizministerin Berghofer -Weichner bereits im Vorfeld gegen die „Abtreibungs-Pille“ ausgesprochen. Den wichtigsten Markt verspricht sich das Unternehmen jedoch in der sogenannten Dritten Welt. Schon jetzt befürchten ExpertInnen, daß dort die Untersuchungen und Auflagen weniger scharf ausfallen könnten.

lu