Protest der Presseberichterstatter

Dies ist der Wortlaut eines offiziellen Protestes von in West-Berlin anläßlich der Jahrestagung von IWF und Weltbank berichtenden Journalisten. Die Protesterklärung wurde gestern, am 28. September 1988 abgegeben.

Polizisten im Kampfanzug, die gemäß dem Status Berlins unter direkter Oberhoheit der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens und Frankreichs stehen, haben gegen Mitglieder des zur Berichterstattung über den IWF/Weltbank -Kongress akkreditierten Pressecorps in zahlreichen Fällen Übergriffe und gezielte Schlagstockeinsätze begangen. Damit wurde die Presse in ihrer Pflicht zu freier Berichterstattung, wie sie ihr in der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, dem Artikel 19 der UN-Charta sowie der Verfassung der Vereinigten Staaten garantiert ist, massiv behindert. Fernsehteams sowie Pressefotografen wurden abgedrängt und brutal mißhandelt. Dies war illegal und verletzte ihre verfassungsmäßigen Rechte. Die Westberliner Polizei, die gemäß dem Vier-Mächte -Status der Stadt in diesem Fall im US-Sektor und damit unter direkter Kontrolle der US-Behörden agierte, hat sich geweigert, diese Behinderungen der Presse zu beenden. Polizeiübergriffe, wie z. B. die Einkesselung und das Festhalten von Reportern haben das offensichtliche Ziel, die freie Berichterstattung über Protest und Opposition gegen den Kongress von IWF und Weltbank zu verhindern.

Wir, die Unterzeichner, Mitglieder aus dem Kreis des für die Berichterstattung über die Jahrestagung akkreditierten Pressecorps fordern hiermit eindringlich und unverzüglich Maßnahmen von Berliner Abgeordnetenhaus und US-Kongress, damit folgendes garantiert ist:

1. Die sofortige Beendigung der Übergriffe wie Schlagstockeinsätze gegen Reporter, die Zerstörung von Kameraausrüstungen und alle anderen Aktionen, die die Presse bei ihrer Arbeit behindern.

2. Eine offizielle Untersuchung durch das Berliner Abgeordnetenhaus und den US-Kongress, um zu ermitteln, wie es möglich sein konnte, daß in West-Berlin Polizei und Polizeioffiziere, die letztlich unter der Oberhoheit der West-Alliierten agieren, Aktionen gegen die Pressefreiheit durchführten, die in der ganzen Welt Befremden und Abscheu hervorgerufen haben und für jede Demokratie völlig unakzeptabel sind.

3. Die unverzügliche Einleitung von strafrechtlichen und disziplinarischen Maßnahmen gegen diejenigen, die Übergriffe auf die Presse begangen haben und gegen Einsatzleitungen und übergeordnete Stellen, die ein derartiges Verhalten unterstützt und gedeckt haben.

Die Protesterklärung wurde von mehr als zwei Dutzend Mitgliedern des derzeit in Berlin arbeitenden internationalen Pressecorps unterzeichnet, unter ihnen Journalisten, Fernsehteams und Pressefotografen von: Associated Press, Reuters News Agency, Deutscher Depeschendienst, Göttinger Tageblatt, Westdeutscher Rundfunk (WDR), Die Tageszeitung, Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Radio 100.