„Bloß nicht mit meinem Auto“

■ Passanten beobachten Protestierer

Berlin (taz) -Neu ist in Berlin die Sambaprotestkultur. Neu ist auch die Sympathie auf dem Bürgersteig. Schaut man der Berliner Schnauze in den letzten Tagen aufs Maul, dann kommt Überraschendes zum Vorschein. Die Versammlung von internationalen Bankern in der Halbstadt stößt auf wenig Gegenliebe, der Protest dagegen wird weitgehend mit Wohlwollen betrachtet: „Die werden schon ihren Grund dazu haben“, meint eine Rentnerin und im gleichen Atemzug: „Nur friedlich sollen sie sein - die jungen Leute.“

Daß sich „mit der Dritten Welt was ändern muß“, findet auch ein Rentnertrio, das sich den Vormittag bei der Anti-Siemens -Aktion vertreibt. Andere Männer, die ebenfalls im Bezirk Siemensstadt vor den Kneipen herumstehen, sorgen sich vorwiegend um das Wohl ihrer blechernen Vehikel am Straßenrand. Unnötigerweise übrigens.

„Wenn die Jugend keinen Aufstand macht, wer denn sonst? Hauptsache, nicht mit meinem Auto.“

Ein Konsens schält sich heraus: „Solange se friedlich demonstriern hab ick nüscht dajejen, wa!“. Ein Ehepaar wollte gegenüber der „berüchtigten“ taz nichts sagen, lediglich ein unausgesprochenes „Sch...“.

Abends vor der Oper. Der Besitzer eines Solariums, der besorgt aus der Türe seines Ladens lugt findet, daß der Kongreß von IWF und Weltbank „gerade in Berlin“ eine „pure Provokation“ ist. Spätabends huscht ein über die gespenstische Polizeiinszenierung irritiertes Paar aus Nigeria durch die Berliner City. „Sorry - sieht es in Hamburg genauso aus?“.

Anders ein IWF-Deligierter aus Indien, der zwischen Knüppelorgie und Verhaftungswelle vom „great dinner“ schwärmt und die Stadt „wonderful“ findet. „We try to understand these people, that's it.“

benno