Emanzipation, Gleichberechtigung, Quote

■ Folgenlose "Richtlinie" zur Frauen-Förderung soll unverändert bleiben

So richtig verteidigen mochte gestern in der Bürgerschaft die „Bremische Richtlinie zur Förderung von Frauen im Öffentlichen Dienst“ niemand; aber damit war die Einigkeit der Fraktionen auch sofort zu Ende. Weil diese „bis an die Grenze der Diskriminierung reichende Krücke“ der Förderrichtlinie unter dem Strich wenig bis nichts gebracht hat, stellte gestern Roswitha Erlenwein für die CDU-Fraktion den Antrag, die Richtlinie neu und schärfer zu fassen: Der Anteil von Frauen „insbesondere an Aufstiegs-und Leitungspositionen“ soll innerhalb von drei Jahren „nachhaltig angehoben“ werden, alle senatorischen Behörden sollen Stufenpläne für Teilzeitarbeitsplätze vor-und zweijährlich Rechenschaft ablegen, alle Leitungspostionen sollen für Teilzeitbeschäftigte geöffnet werden. „Nur so“, appellierte Erlenwein, „zwingen Sie den Senat, aus dem stumpfen Werkzeug Richtlinie ein Präzisionsinstrument zu machen.“

Erfrischende Töne kamen von der grünen Abgeordneten Helga Trüpel, die begründete, warum ihre Fraktion den CDU-Antrag zwar unzureichend fand, aber als kurzfristige Maßnahme „nichts daran auszusetzen“ hatte. „Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Frauen“, begann Trüpel und erntete schon damit Lacher von den SPD-Bänken. Daß bei den gutbezahlten A14-A16-Posten im öffentlichen Dienst immer noch 85,84 Prozent Männer auf den Sesseln sitzen, sei ein „Trauerspiel“ nach all den „gebetsmühlenartigen“ Debatten um Gleichberechtigung. Helga Trüpel drehte den Spieß um und brachte Hausarbeit und Lebensentwürfe in Zusammenhang: „Die Männer fürchten um Posten und Priviliegien und fürchten die Einbeziehung in den Haushalt; wischen, waschen und windeln scheint nach wie vor unter ihrer Würde zu sein.“ (Lärmendes Gemurmel von den SPD-Bänken. Kein Beifall der SPD-Frauen. Präsidentin Leinemann (SPD) läutete und bat um Ruhe, „auch wenn das Zuhören einigen Männern jetzt schwer fällt“.) Emanzipation, setzte Trüpel nach der Literatin Christa Wolf noch drauf: Lange sei 'Emanzipation‘ im Sinn von 'Gleichberechtigung‘ gebraucht, heruntergespielt und mißverstanden worden: „Emanzipation ist mehr als Gleichberechtigung und auch mehr als Quotierung, aber ohne Quoten keine Emanzipation.“

SPD-Rednerin Ilse Janz reagierte angefaßt und empfahl Helga Trüpel „Frauen-Solidarität“. Sicher reiche die Richtlinie nicht aus, aber die drei Frauenbeauftragten von Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein arbeiteten ja an einem Gesetzesentwurf zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst, der aus den Kann-Regelungen für die Gleichstellung von Frauen Muß-Bestimmungen macht und eine Quotierung bei Einstellung und Beförderung vorsieht. Und mit der Arbeitsverkürzung wolle man „doch nicht ausgerechnet bei den Frauen“ anfangen. „Eine Richtlinie, die nichts bringt, brauchen wir nicht zu ändern“, sagte Janz, und die FDP schloß sich dem an.

Es kam wie es kommen mußte: Der Antrag auf Neufassung wurde mit den Stimmen von SPD und FDP abgelehnt. S.P