Die Gülers sitzen in Polizeihaft

■ Die politische Polizei von Ankara bricht ihr Schweigen / Sie will Folter-Verdacht zerstreuen / Ein Freund der Familie durfte die Eltern sehen - Ahmed nicht / Delegation von Daimlerarbeitern heute nach Bonn

Die ständigen Telefonanrufe türkischer und deutscher Freunde bei den Behörden in Ankara haben Erfolg gehabt: Gestern gegen Mittag bestätigte Yahya Kütük, Leiter des „Politischen Büros der Polizei von Ankara“, daß Ahmed Güler und seine Eltern Mustafa und Seher in den Händen seiner

Behörde sind. „Die sind hier bei uns, und es geht ihnen gut“, sagte er am Telefon zu einem Bremer Journalisten türkischer Herkunft. „Warum interesiert ihr euch in Deutschland für die drei“, wollte Kütür von dem Journalisten wissen, „was macht ihr wegen denen für ein Theater? “

Schon seit zehn Tagen befinden sich die Gülers in der Gewalt der türkischen Polizei. Auf dem Heimweg von ihrer Urlaubsreise wurden sie bei einer Straßenkontrolle festgenommen. Die Polizei versucht, sie mit dem Ausbruch von 18 zum Tode verurteilten politischen Häftlingen aus dem Ge

fängnis von Kirshehir (Zentralanatolien) in Verbindung zu bringen. Seit dem Ausbruch der 18 hat die türkische Polizei bei Razzien, aber auch auf offener Straße hunderte von Leuten festgenommen. Neben den Gülers ist noch ein „deutscher“ Türke unter den Verhafteten: Der Lehrer Oguz Lüle aus München. Er ist Mitglied des Münchener Vorstandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und mit einer deutschen Frau verheiratet. Die Polizei hat seine Festnahme bereits in der vergangenen Woche bestätigt. (s. taz vom 23. 9.)

Daß die Gülers in türkischer Polizeihaft sitzen, bestätigte gestern auch das Bonner Außenministerium. Diese Information hätte die deutsche Botschaft in Ankara „informell“ bekommen.

Das „Politische Büro“, („Emniyet Siyasi Sube“) ist in Kreisen der türkischen Opposition als Folterzentrum bekannt. Unter den dort beschäftigten Polizeibeamten sollen ehemalige Mitglieder der rechtsradikalen „Grauen Wölfe“ sein. Offenbar bemühen sich die türkischen Behörden aber, den Verdacht der Folter an der Familie Güler zu zerstreuen. Ein Freund der Familie aus Ankara, der sich beim „Politischen Büro“ nach ihrem Verbleib er

kundigte, konnte Mustafa Güler und seine Frau gestern im Polizeibüro kurz sehen. Dem Augenschein nach seien sie nicht gefoltert worden, berichtete er telefonisch nach Bremen. Sprechen durfte er mit den beiden nicht. Ihr Sohn, der „Fidan„-Buchhändler Ahmet Güler, war nicht dabei.

Arbeitskollegen von Mustafa Güler aus dem Bremer Daimler -Werk haben sich heute früh auf den Weg nach Bonn gemacht. Sein Sohn Muammer und sein Schwager sind ebenfalls mitgereist. Sie wollen im Auswärtigen Amt und in der türkischen Botschaft Gespräche führen. Auch die Frau und die Kinder von Oguz Lüle wollen dort vorstellig werden.

Eine Bremer Delegation mit der grünen Bundestagsabgeordneten Marieluise Luise Beck-Oberdorf ist noch am Mittwoch in Ankara eingetroffen. (s. taz von gestern) Im Gepäck hatte sie Referenzschreiben von Reinhold Mönch, dem Rektor der Hochschule Bremen, vom Betriebsrat des Bremer Daimler-Werks und vom Bremer Senat. Der Senat sei „besorgt über das Befinden der Famlie Güler“, heißt es in dem Schreiben. Unterzeichnet ist es von Bürgermeister Klaus Wedemeier.

mw