Tag des Lebens

■ Trauer und Erinnerung an Aids-Opfer

Die Bevölkerung läßt sich einteilen in Infizierte und Nicht -Infizierte. Unterschiedlich sind die Reaktionen der Letztgenannten auf die ersteren: von Ignoranz bis Hysterie, von sorgender Anteilnahme bis zum trauerndem Mitleid, von Verdrängen bis Vergessen ist alles möglich. Von der Gesamtzahl 452 der Aids-Fälle in Berlin sind in den letzten sechs Jahren 163 verstorben, die Zahl der Infizierten läßt sich nur vermuten. Die Trauer über die Erkrankten und Verstorbenen bleibt im Privaten, zu oft wird selbst die Todesursache verschwiegen: die Krankheit als Skandal. So schwer fällt es, öffentlich Betroffenheit zu bekunden, die Angst befördert das Verdrängen.

Damit dies nicht so bleibt, ruft die Arbeitsgemeinschaft Berliner Positive in der Berliner Aids-Hilfe für Sonntag zu einem Tag des Lebens und einem candlelight walk auf. Der Tag soll an die FreundInnen erinnern, die an den Folgen der Infektion gestorben sind. Gleichzeitig wollen die VeranstalterInnen damit darauf aufmerksam machen, daß Aids -Kranke und HIV-Infizierte ein „Recht auf Leben“ haben. Mit einer Fülle von Problemen sehen sich Menschen mit HIV und Aids im Alltag konfrontiert, der Tag des Lebens will mit seinen Veranstaltungen ein Forum bieten, auf diese Probleme hinzuweisen, und all jenen Mut machen, die sich aus Furcht vor Repression verstecken. Arbeitsgruppen werden sich mit den Themen Sexualität, Arbeitsplatz, Frauen, Drogen und medizinische Versorgung beschäftigen. Eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Berliner Linie - wohin?“ soll die Situation von HIV-Infizierten und Aids-Erkrankten in Berlin behandeln.

Abschließend wird um 19 Uhr vom Savignyplatz über den Kurfürstendamm bis zum Breitscheidplatz der candlelight walk gehen, Betroffene und Angehörige gedenken ihren verstorbenen FreundInnen mit brennenden Kerzen. Am gleichen Tag findet auch in Los Angeles ein candlelight walk statt.

Morgen wird am Vorabend des Tags des Lebens in der evangelischen Patmosgemeinde, Gritznerstraße 18-20, ein Ökumenischer Gottesdienst veranstaltet. Die Arbeitsgruppen am Sonntag tagen von 13.30 bis 15.30 Uhr in der Scharmützelsee-Schule, Hohenstaufenstraße 47, in Schöneberg.

eka