Erfolg in jeder Hinsicht

■ Die Weltbank-Tagung war für alle ein Erfolg - von Diepgen bis zu den Autonomen

Unter der Überschrift „IWF- und Weltbank-Tagung: Erfolg für die Dritte Welt und Anerkennung für Berlin“ erklärte Eberhard Diepgen: „Die Berliner Tagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank war ein bedeutender Schritt im Kampf gegen die Armut und für den Umweltschutz in der Welt. Der konstruktive Geist des Berliner Dialogs, der Konsens über die Bedeutung der Entwicklungspolitik und die Bewährung Berlins als internationale Kongreßstadt weisen über den Tag hinaus.“ (...) „Es gab Gruppen, denen es nicht um den IWF oder die Weltbank und vor allem nicht um Probleme der Dritten Welt ging, sondern darum, das Ansehen Berlins zu schädigen. Das ist ihnen nicht gelungen. Die Störer haben ihre Ziele nicht erreicht.“ (...) „Berlin hat durch die Tagung des IWF und der Weltbank neue Freunde in der Welt.“

Vertreter des autonomen und antiimperialistischen Aktionstageplenums erklärten, die Aktionstage und die Demonstration vom Donnerstag sei „ein voller Erfolg“ gewesen, weil es gelungen sei, „den politischen und praktischen Angriff gegen die Herrschenden zu führen“. Insbesondere deshalb, weil es „trotz der Provokationen der Polizei“ gelungen sei, die Auseinandersetzung nicht in Kreuzberg SO36 zu führen, sondern in der Innenstadt. Die Demonstration sei eine „internationalistische, revolutionäre“ Demonstration gewesen, die geschlossen und stark mit 8.000 TeilnhemerInnen durchgeführt worden sei. Sie sei aus taktischen Gründen vor dem eigentlich für die Abschlußkundgebung vorgesehenen Platz aufglöst worden.

Die Autonomen Sanitäter erklärten, es sei „total toll“ gewesen, daß Sanitäter von Demonstranten bei der Leistung von Erster Hilfe vor „Bullenübergriffen geschützt“ worden seien.

Für die AL sind „die Anti-IWF/ Weltbank-Tage in Berlin ein großer Erfolg. Durch profunde Kritik in zahlreichen Veranstaltungen, durch phantasievollen Protest und Widerstand von zusammen mehr als 100.000 Menschen in allen Teilen der Stadt ist es gelungen, die Institutionen IWF und Weltbank selbst sowie deren menschenverachtende Politik zum zentralen Thema der letzten Tage zu machen. IWF und Weltbank werden nicht mehr sein, was sie waren, nämlich Institutionen, die im Stillen eine Menschen und Umwelt zerstörende Politik planen und durchsetzen können. (...) Der Plan von Senat und SPD, West-Berlin zu einer glanzvollen Kongreßstadt für Tagungen zu machen, wo sich solche Institutionen feiern lassen und ungestört feiern können, ist am Protest der außerparlamentarischen Opposition gescheitert.“

Für die FDP zieht ihr Chef Walter Rasch Bilanz: „Großer Erfolg mit kleinen Schatten: Berlin kann darauf stolz sein, daß die wichtigste Finanzkonferenz der Welt bei uns stattgefunden hat. Unsere Stadt hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, daß sie in der Lage ist, Gastgeber auch für die größten und schwierigsten internationalen Kongresse zu sein und für deren organisatorisch reibungslose Abwicklung zu garantieren. Berlin hat durch die IWF-Tagung viele neue Freunde gewonnen. (...) Die Tagung wird von ihren Teilnehmern als äußerst erfolgreich eingestuft, schon ist vom 'Geist von Berlin‘ die Rede.

Der CDU-General Klaus Landowsky tut kund: „Mit der konsequenten Durchführung und planmäßigen Beendigung der Jahrestagung von IWF und Weltbank hat Berlin einen großen Erfolg zu verzeichnen. Die Sicherheit der Teilnehmer der Veranstaltung und der Gäste ist über den gesamten Tagungszeitraum gewährleistet gewesen.“

Die Deutsche Polizeigewerkschaft Berlin hat „heute allen in Berlin eingesetzten Polizeibeamten für ihr besonnenes Verhalten und für ihre Einsatzbereitschaft Dank und Anerkennung“ ausgesprochen. Dazu erklärte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Egon Franke,: „Linke Unruhestifter, unterstützt von Grünen und AL hätten in den letzten Tagen immer wieder versucht, die Polizei herauszufordern, mit der Absicht, Berlin durch ihre Aktionen vor der Weltöffentlichkeit in Verruf zu bringen.“ (...) Insbesondere die Untergrundzeitung 'Zahltag‘ hätte unverhohlen zu Gewalttaten aufgefordert. Auch die taz habe sich voll hinter die autonome Szene gestellt. Alle Versuche, Berlin in einen Unruheherd zu versetzen, seien dank der eingesetzten deutschen Polizeibeamten verhindert worden. (...) Franke forderte die Berliner Bevölkerung auf, dem Aufruf von Journalisten zu folgen und die westdeutschen Polizeibeamten am 1. Oktober um 11 Uhr vor ihrer Heimreise auf dem Flughafen Tegel mit Blumen (Und was ist mit den -töpfen? d. säzzer) zu verabschieden. Franke wörtlich: „Ich bin gewiß, daß die überwiegende Mehrheit der Berliner Bevölkerung mit dem Auftreten der deutschen Polizei in Berlin einverstanden ist und unter dem Motto, laßt Blumen sprechen, ihren Dank abstatten wird.“

Innensenator Wilhelm A. Kewenig hatte mit Abstand den größten Tagungserfolg. Ihm gelang im 'Tagesspiegel‘ der Hattrick, an drei aufeinanderfolgenden Tagen in der Randspalte des Lokalteils wegen seiner „bramarbasierenden Ausführungen zum Thema Pressefreiheit“ kritisiert zu werden. Der 'Tagesspiegel‘ schäumte zwar nur mit gebremstem Schaum, aber er wittert langsam „Gefahr im Verzug“. Kewenig setzte erfolgreich in der FR von gestern noch eins drauf: „Ich habe gesehen, wie eine Gruppe von eintreffenden Polizeiwagen von einem großen Troß Journalisten 'begrüßt‘ wurde, so daß die Polizisten kaum aus ihren Fahrzeugen steigen konnten. Wenn Sie als 18- oder 19jähriger, möglicherweise auch noch ortsfremder Polizist in den Einsatz gefahren werden und eine bestimmte Aufgabe zu vollziehen haben und wie Kim Novak oder der Heilige Vater (Ein tolles Paar - von einem tollen Innensenatorvater! d. säzzer) von Journalisten begrüßt werden - glauben Sie dann nicht auch, daß dies eine wirkliche Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit und der Entscheidungsfreiheit der Polizei ist? (...) Es ist schlicht falsch, wenn man meint, die Presse ginge immer vor, sie dürfe praktisch wie der Heilige Petrus überall erscheinen und alles müsse sofort weichen, sich auf den Boden legen, sich verneigen und sagen: 'Bitte schön, liebe Presse, Du hast den ersten Zugriff.‘ Nein, es ist genau umgekehrt. Erst erledigt die Polizei ihre Aufgabe, und dann kann begleitend oder hinterher die Presse darüber berichten.“

Die Statistiker berichten von zahlenmäßigen Erfolgen: Die Angaben zur Tagung lauten: 12.300 registrierte Besucher inklusive Sicherheitskräfte sowie 1.150 akkreditierte Journalisten. Rund 800 Tagungsteilnehmer übernachteten in Ost-Berlin. Zur Versorgung der Teilnehmer wurden 120.000 Tassen Kaffee und 750 Kilogramm Roastbeef aufgetischt sowie täglich 25.000 Flaschen Mineralwasser. Ferner wurden täglich 850 Touren mit Bussen oder Pkws für die Gäste in der Stadt gefahren sowie 100 Fahrten zum Flughafen.

Der Präsident der Weltbank, Mr. Barber B. Conable, hat dem Regierenden Bürgermeister einen Abschiedsbesuch abgestattet. Er dankte Diepgen für die überaus herzliche Gastfreundschaft, die Berlin gegenüber den weit über 10.000 Teilnehmern gezeigt hat.

Einen großen Erfolg brachte die Tagung für die Tageszeitung 'die tageszeitung‘, die sich erneut als unentbehrliche Fachpublikation für Krawall, Chaos und Katastrophen profilieren konnte. Nach dem Auflagenhoch in Folge des Tschernobyl-Unglücks brachte die IWF-Tagung eine neuerliche Steigerung des Kioskverkaufs von sonst ca. 7.000 auf rund 11.500 Exemplare. Der ökonomische Erfolg wurde jedoch durch die Herausgabe der Sonderseiten zum IWF und den massenhaften Einsatz schreibender und produzierender Kostenträger sogleich wieder zunichte gemacht.