DER ATMOKICK

■ Die „Organisation“ im „Palladium“

Das markanteste Geräusch war das durchdringende Zischen geöffnet werdender Bierdosen, Klapperschlangen in der Wüste, in allen Ecken züngelten die kleinen Metallstreifen von den in ihrer Schlichtheit ergreifenden, kubischen Handkühlern. Serviert werden sie mit servilem Grinsen vom türkischen Hausherrn, und die Girlanden an der Decke winden sich vor Amüsement, damit dürften sie ziemlich alleine dastehen, -hängen, besser gesagt. Die vorsorglich an die Wand gestapelten Stühle werden ihrem eigentlichen Verwendungszweck zugeführt, schwarze Lederhosen rutschen auf den lackierten Holzsitzen herum, die sonst türkischen Familienvätern als Steißbeinbremse dienen.

Ein ausgefallen schöner Veranstaltungsort ist es schon, das Hochzeitszentrum mit der anatolischen Fassung von röhrenden Hirsch-Teppichen an den blaublau gekalkten Mauern.

„Palladium“ heißt es an diesem Abend und wird beschallt von den Gründungsmitgliedern der 'Organisation‘, den „Sidewalk Poets“, „Magoo Brothers“ und den „Fantastic Spoons“.

Alle drei Kapellen haben schon lokale Meriten auf die schmalen Schultern gehäuft und baumeln im gewerbeüblichen Niemandsland zwischen Unverstandensein, richtiger Überzeugung und dem mißlichen Umstand, keinen Plattenvertrag zu bekommen. Nach Beschickung der einschlägigen Lokalitäten haben sie die letzte Ausfahrt vor dem Wichswhana genommen und beschlossen, jetzt viel mehr Spaß zu haben, Konzerte selbst zu organisieren und neues Club-Land aufzutun. Leider hat das bisher nicht geklappt. Die drei Bands haben ihre bislang schlechtesten Gigs absolviert, der Sound war die klangliche Umsetzung von wuchernden Schimmelpilzen und die Atmosphäre entsprach der Stimmung auf dem U-Bahnhof Bundesplatz nachts um halb zwölf. Bierdosen kicken war eine prima Alternative.

Die 'Organisation‘ plant für Weihnachten ihr nächstes Happening, find ich gut, die Leute sind auf dem richtigen Weg, sie haben's nur noch selbst nicht gemerkt. Und sind außerdem ausgezogen, „den Zynismus im Veranstaltungswesen zu bekämpfen“, darüber sollte man auch mal nachdenken. Organisation forever.

rah!