Schmerzloser Sieg

Die Autonomen und der IWF-Protest  ■ K O M M E N T A R

Nachträglich haben sich die Autonomen zum eigentlichen Motor der Anti-IWF-Kampagne erklärt. Das ist übertrieben - aber zumindest wurden sie zum Dreh- und Angelpunkt der Einschätzungen über den Anti-IWF-Protest. Doch war es das Zurückschrecken vor der Polizeipräsenz, ihre Isolation, Ausdruck einer tiefen inhaltlichen Krise oder einfach taktisches Geschick, auf den von vielen erwarteten „Angriff“ zu verzichten? Schon Tage zuvor war endgültig klar, daß die Parole „Verhindert den IWF-Kongreß!“ lächerlich war - sie ist nur mit einer Mischung aus Vollmundigkeit, munterem Mobilisierungswillen und Abgrenzung von allen reformwilligen IWF-Kritikern zu erklären. Wer jedoch 8.000 Leute mobilisiert, zeigt sich als politische Kraft. Dazu ergab sich in den letzten Tagen überraschend eine neue, „informelle“ Form des Bündnisses, die niemandem wehtut: Gruppen, die von den Autonomen unverdrossen als reformistisch bezeichnet wurden, empfahlen die Teilnahme an der Demo, und umgekehrt hatten Autonome schon längst an den Aktionen der innerlinken „Gegenseite“ teilgenommen.

Taktisch klug war auch der Verzicht auf die unmittelbare Konfrontation - zum einen war angesichts der Polizeipräsenz auf der Straße ohnehin kein Blumentopf zu erobern. Zum anderen hatte sich der Polizei-Apparat in den Tagen zuvor ohnehin in einem bislang ungekannten Maß selber denunziert.

Bleiben die Inhalte. Hier ist eine Vereinheitlichung weiterhin nicht auszumachen - das haben die Autonomen gestern selbst eingeräumt. Auf der Aktionsebene hat die Kongreß-Maschine ein bißchen gestöhnt, der eigentliche Verlierer ist aber der Senat - und auf den zielten die Aktionen unmittelbar eben nicht. Die Autonomen ziehen mit einem 2:1 vom Platz, ein Sieg, der niemandem wehtut.

Dietmar Bartz