Schutz auch ohne Ehering

■ Der Deutsche Juristentag für gesetzlichen Schutz von nichtehelichen Partnerschaften / „Ohrfeige für Engelhard“ / Sorgerecht für beide Elternteile

Berlin (dpa/taz) - Mit einem Paukenschlag ist gestern der 57.Deutsche Juristentag in Mainz zu Ende gegangen. Völlig überraschend haben die Juristen dem Gesetzgeber empfohlen, nichteheliche Lebensgemeinschaften gesetzlich zu schützen. Diese Empfehlung, deren Umsetzung zwar noch viel Zeit in Anspruch nehmen werde, an der der Gesetzgeber aber nach Ansicht des Vorsitzenden des Familiengerichtstages, Willutzki, auf Dauer „nicht vorbeigehen“ könne, werten Juristen als „schallende Ohrfeige für Justizminister Engelhard“. Engelhard hatte die Ehe bisher als alleingültige Form des Zusammenlebens gepriesen und gesagt, wer den Schutz des Gesetzes wolle, solle gefälligst zum Standesamt gehen und heiraten.

Der Brühler Amtsgerichtsdirektor und Familienrichter Willutzki betonte, daß mit dem Beschluß des Juristentages der „familiäre Charakter einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jetzt anerkannt ist“, auch dann, wenn keine Kinder da seien. Die Empfehlung erstreckt sich auch auf Wohngemeinschaften und auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wichtigste Punkte sind die Einführung eines Vermögensausgleichs bei Auflösung einer nichtehelichen Partnerschaft und die Möglichkeit, das Sorgerecht für Kinder beiden Partnern gemeinsam zu übertragen. Als „Sensation“ bewerten Familienrechtler die Empfehlung, daß bei lang andauernden nichtehelichen Fortsetzung Seite 2

Beziehungen ein gegenseitiger Unterhaltsanspruch eingeführt werden soll. Nur knapp abgelehnt wurden bei der Abstimmung Vorschläge zur sozialen Absicherung nichtehelicher Partner. Danach soll es auch weiterhin nicht möglich sein, daß unverheiratete Partner gemeinsam krankenversichert sind.

Auch eine Hinterbliebenenversorgung wurde abgelehnt, ebenso ein gesetzliches Erbrecht. Richter Willutzki wertete die Entscheidung des Juristentages dennoch als „rechtspolitischen Umsturz, eine progressive Wende mit erheblichen gesellschaftspolitischen Auswirkungen“.