Fataler Hoss-betr.: "Die SPD als moderne Unternehmenspartei" von C.Schmidt und "Berührungen aushalten" von W.Hoss, taz vom 15.9.88

betr.: „Die SPD als moderne Unternehmenspartei“ von C. Schmidt und „Berührungen aushalten“, von W. Hoss, taz vom 15.9.88

Was für eine „Debatte“! Christian Schmidt versucht zu belegen, warum er Lafontaine für einen „Hoffnungsträger der produktiven Wachstumbranche“ hält und warum er „mit BLick auf 1990“ nur die Frage sieht „wer das bessere Kapitalmanagement zu bieten hat: Späth oder Lafontaine“. Willi Hoss hält dagegen: Falsch!

Warum nur? Etwa weil der Clou seines Atikels darin besteht, dem Lafontaine wegen Maschinenlaufzeiten etwas ins Gewissen zu reden - Du Oskar, das ist nun wirklich nicht mehr ökologisch, gelle! - um ihn hauptsächlich vor „viel zu dogmatischen Argumenten“ in Schutz zu nehmen. Worin diese bestehen, erwähnt Hoss nicht. Warum auch; es geht ihm schließlich nicht um Argumente, sondern darum, daß wir uns „davor hüten“, die Kritikpunkte an Lafontaines Rede „in den Mittelpunkt“ zu stellen. Konsequent drückt sich Hoss davor, zu sagen, worin er „den Mittelpunkt“ sieht. Was aber, wenn nicht die Maschinenlaufzeiten, steht denn im Mittelpunkt nicht nur von Lafontaines Rede, sondern der aktuellen Expansionsstrategie des Kapitals? Und: Ist es nicht gerade diese Aktualität, weshalb Lafontaine sich jetzt so offen auf die (Wachstums-)Seite des Kapitals schlägt?

Wie gesagt, kein Wort dazu. Und auch ansonsten kein einziges Argument, daß dafür spräche, mit der SPD „den Kapitalismus zu bändigen“ - es sei denn, der (angesichts der bekannten Tatsachen) zynische Satz „Andere beschäftigen (!) sich heute eben auch sehr viel mit ökologischen Themen“ soll ein Argument sein.

Hoss hindert das nicht, unverfroren zu behaupten, mit Lafontaine sei eine „breitere Koalition für ein anderes Wirtschaften“ möglich. Sagte ich unverfroren? Es muß wohl eher an der Lesart liegen. Wieder einmal ist mangels Grundlagen für „ein anderes Wirtschaften“ (mit der SPD) das Herbeireden einer völlig haltlosen „breiteren Koalition“ angesagt.

Erich Schwarz-Naujocks, Betriebsrat, Aalen