Empörung über türkische Behörden

Bremer Delegation setzte sich in der Türkei für die Freilassung der dort inhaftierten Bremer Familie Güler ein / Von den türkischen Behörden „nach Strich und Faden belogen“ / Weizsäcker soll einschreiten  ■  Aus Bremen Dirk Asendorpf

„Wir sind von den türkischen Behörden nach Strich und Faden belogen worden.“ Die grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck-Oberdorf war zutiefst empört, als sie gestern von der Reise einer Delegation berichtete, die sich Ende vergangener Woche in Ankara für die Freilassung der türkischen Familie Güler aus Bremen eingesetzt hatte. Bei ihrem Gespräch mit dem Leiter der Rechtsabteilung im türkischen Außenministerium sei ihr noch steif und fest versichert worden, über den Aufenthalt der Bremer Familie sei nichts bekannt, während ein Redakteur der Boulevard-Zeitung 'Milliet‘ schon von der Polizei erfahren hatte, daß die drei in dem als Folterzentrum berüchtigten Polizeigefängnis „Eminiyet Siyasi Sube“ in Ankara festgehalten würden. Seit ihrer Festnahme am 20.September konnte die Familie keinen Kontakt mit einem Anwalt aufnehmen. „Das verstößt eindeutig gegen die Menschenrechtskonvention, die die Türkei gerade unterzeichnet hat“, erklärte Frau Beck-Oberdorf. Der Familie Güler wird von den türkischen Behörden Beihilfe bei der Befreiung von 18 zum Tode verurteilten Gefangenen aus dem Knast Kirshehir vorgeworfen. Während Ahmed Güler nach angeblichen Aussagen von wieder festgenommenen Gefangenen einen Fluchtwagen angemietet haben soll, bestehe gegen die Eltern „weit weniger Verdacht“, teilte die türkische Polizei inzwischen mit.

Gestern wurden die Eltern Güler dem Haftrichter vorgeführt. Die zurückgekehrten Delegationsmitglieder - neben Marieluise Beck-Oberdorf auch der Hausarzt der Familie und ein Mitglied des Bremer Solidaritätskomitees - rechneten mit ihrer Freilassung. Im Falle von Ahmed Güler, der ebenso wie zwei weitere Türken aus der Bundesrepublik am Mittwoch in Mersin den wieder verhafteten Gefängnis-Ausbrechern gegenübergestellt werden soll, befürchten die Delegationsmitglieder jedoch eine lange Untersuchungshaft.

„Der Fall muß jetzt auf den Schreibtisch von Bundespräsident Weizsäcker“, forderte Beck-Oberdorf. „Wenn er am 17.Oktober seinen türkischen Kollegen Evren empfängt, dürfen die menschenrechtswidrigen Verhaftungen nicht unerwähnt bleiben.“