Wildwood Flowers

■ Das jüngste Kind von „FUEGO„-Macher Friedel Muders

Sie blühen noch etwas im Verborgenen, die Urwaldblumen der Marie Ell, verdeckt durch die Schatten der „Mysteres des Voix Bulgares“, des aktuellen Produkts aus dem anderen Teil der Bürogemeinschaft FUEGO/JARO.

Doch „Mary & The Wildwood Flowers“, jüngstes Kind von FUEGO -Macher Friedel Muders, ist auf seine Weise ungewöhnlich. Die schwedische Sängerin Marie Ell präsentiert auf diesem Debutalbum eine Mischung aus Rockmusik, Folklore und moderner Sampletechnik - zusammen mit ihrem Freund Henryk Lipp, dessen effektvolle keyboard-programmings hauptverantwortlich sind für den eindringlichen, beschwörenden Charakter der meisten Songs.

„Wir machen die Lieder zusammen, vom Skelett her, vom Anfang an“, sagt Marie Ell. „Einige Melodien sind meine, andere kommen von Hendryk. Aber ich habe immer das künstlerische Veto.“

Das Ergebnis ist vielschichtig, die eingesetzten Mittel sind ungewöhnlich: Häufig liegen eingängige Gesangsmelodien über düster-mystischen, oft dissonanten Keyboardcollagen, schrille Gitarren drängen sich mit schrägen Bläsern zwischen exotische Samplings, die Möwenkreischen, Reifenquietschen oder Hubschraubergeräusche nicht darstellen, sondern bloß ahnen lassen. Dann plötzlich erinnern mehrstimmige Vokalsätze an osteuropäische Männerchöre, schieben sich Melodien über einen exzentrischen, bis an den Rand der Überfrachtung mit Effekten beladenen Backing in Schlagernähe. Wohl die gesamte Göteborger Musikszene mischte ihre Tracks zusammen mit Lipps Samplings zu einem eindrucksvollen sphärischen Klangbild, Marie Ells starke, irgendwo zwischen Marianne Faithful und Annabel Lamb liegende Stimme eint die Collagen zu einer dunklen, fremdartigen Ästhetik. Deplaziert lediglich das biedere, old -time-jazzende „Waiting Rooms“.

Keine Platte zum oberflächlichen Reinhören, keine für die Discos und - leider - wohl auch keine für die Popredaktionen der Rundfunksender. Trotz der manchmal sehr eindeutigen Beziehung auf Vorbilder wird es das extravagante Produkt aus der Bremer Alexanderstraße auf dem Markt nicht leicht haben.

Rainer Köster