Vermummte Täter in Uniformen

■ Strafanzeige gegen prügelnde Polizisten niedergeschlagen: Gegenüberstellung von in Uniform verpackten EbLT-Beamten und Fotografen blieb nach einem Jahr erfolglos

Zu einer Gegenüberstellung von Beamten der Sondereinheit EbLT und einem Fotografen aus München, der im Oktober vergangenen Jahres die Holzknüppel und Schläge des Spezialtrupps in Wackersdorf spüren mußte, kam es gestern auf einem Kasernengelände der Polizei. Der Münchner, dem viermal zehn Uniformierte in voller Montur vorgeführt wurden, konnte unter ihnen den Täter nicht identifizieren. „Bei heruntergeklapptem Visier und diesem Plastikmundschutz sind ja nur die Augen zu sehen, da konnte ich nicht sagen, der ist es“, erklärte Andreas S. gegenüber der taz.

Wieso es ein Jahr dauerte, bis die Polizei ihre Sondermannschaft für eine Gegenüberstellung zusammentrommeln konnte, ist unklar. Noch im August (die taz berichtete) hatte der Fotograf den hiesigen Behörden eine „Verschleppungstaktik“ vorgeworfen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Amberg verhinderten „organisatorische Gründe“ wie Urlaub oder Krankheit der Beamten eine Gegenüberstellung. Gut erholt und gesund war die EbLT-Truppe anscheinend erst wieder komplett zur IWF- und Weltbanktagung, so daß jetzt endlich der Verfahrenstermin stattfinden konnte.

Strafanzeige hatte der Fotograf Anfang des Jahres gestellt, weil er am 10. Oktober bei einer friedlichen Demonstration von rund 30.000 WAA-GegnerInnen in Wackersdorf den brutalen Einsatz der Berliner Polizei mitansehen und am eigenen Leibe erfahren mußte. Seinen protokollarischen Schilderungen zufolge wollte der Münchner die überwiegend blutig endenden Knüppeleinsätze im Bild festhalten, wurde aber immer mit Gewalt von Uniformierten an der Ausübung seines Berufes gehindert.

So fotografierte er zum Beispiel einen zu Boden geschlagenen Demonstranten und erhielt kurz darauf „einen Schlag auf den Hinterkopf, meine Kamera fiel mir aus den Händen und ich fiel zu Boden. Ich kauerte mich nun mit dem Gesicht unten auf die Erde und versuchte meinen Kopf mit beiden Händen zu schützen.“ Doch weitere Holzknüppelsalven trafen seine Schultern und den Rücken. Drei weitere Male erlitt Andreas S. bei seinem zweistündigen Aufenthalt am WAA -Bauzaun Verletzungen. Als er den Abtransport von Verletzten ablichten wollte und vor einer Polizeikette stand, holte die Staatsmacht erneut aus: „Ein EbLTler schlug mir mit seiner Faust voll in die Eier, er trug Lederhandschuhe und zielte direkt an seinem Schild vorbei auf meinen Unterleib“, berichtet Andreas S. „Ich bin zusammengeknickt, bekam noch einen Tritt und fiel nach unten.“

Es gelang ihm jedoch, ein Bild von dem Täter in Uniform zu schießen. Doch dieses Dokument reicht nicht aus, um gerichtlich gegen diese Straftat vorzugehen. Die Gegenüberstellung der Sondereinheit mit dem Fotografen brachte denn auch kein Ergebnis. Andreas S., der vermutet, daß ihm sowieso nicht alle Beamten, die damals in Wackersdorf im Einsatz waren, vorgeführt worden seien, zieht eine von vielen schon seit langem geforderte Bilanz: „Es wird höchste Zeit, daß die Bullen Dienstnummern tragen, damit man sie endlich mal erkennt und bei Knüppeleinsätzen zur Verantwortung ziehen kann.“

Annette Schmidt