Marktlücke gefüllt: Umweltsündenversicherung

■ Schwedische Gesetzveränderungen machen Versicherungen erfinderisch / Schadensersatz für kaputte Natur ebenso abgedeckt wie Strafprozeßkosten

Stockholm (taz) - Gespür beim Aufspüren neuer Marktlücken kann man der Versicherungsbranche wahrlich nicht absprechen. Nach Antiterrorversicherungen und der Ausstellung von Antiverstaatlichungspolicen nun ein ganz neuer Geschäftsbereich: Die „Umweltversicherung“.

Geschützt wird natürlich nicht die Umwelt, sondern deren Verschmutzer. Unternehmen mit „umweltsensiblen“ Produktionsmethoden sind angesprochen, sich gegen das Risiko einer verschärften Umweltschutzgesetzgebung und deren Folgen abzusichern. Erfunden haben das Ganze die beiden schwedischen Versicherungskonzerne Trygg Hansa und Skandia, die extra eine gemeinsame Gesellschaft zum Verkauf von Umweltversicherungen gründeten. Die eigentlich naheliegende Idee für diesen Versicherungszweig ist nach Aussage der Versicherer erst jetzt realisiert worden, weil sich erst seit den letzten zwei Jahren ein Markt gebildet hat - ein Zeichen, daß es vorher relativ risikolos war, die Umwelt zu verdrecken. Der Schadensersatzprozesse und Bußgelder waren wenige, die Geldsummen, um die es dabei ging, lächerlich niedrig.

Die Verschärfung der Gesetzgebung durch ein neues „Milieuschutzgesetz“ und eine drohende weitere Verschärfung durch den grüner gewordenen Reichstag ließ nicht zufällig die Versicherungen jetzt ihr neues Produkt starten. Zwei Risikobereiche sollen zunächst abgedeckt werden: direkte Schadensersatzforderungen wegen von einem Unternehmen mit Wahrscheinlichkeit verursachtem Umweltschaden und die Kosten für die Bußgeld- und Strafprozesse für die hierfür Verantwortlichen. Legt also in Zukunft ein Chemiewerk einen ganzen Fluß tot oder fallen die Kühe auf den benachbarten Weiden infolge „umweltsensibler Produtionsprozesse“ um, genügt der Anruf des Managers beim Versicherungsvertreter. Wird ihm auch noch persönliche Verantwortung für die kaputte Umwelt nachgewiesen, muß zwar eine Geldbuße wie bisher aus der Portokasse bezahlt werden, zumindest die Prozeß- und Anwaltskosten trägt aber die Versicherung.

Der schwedische Industrieverband hat inzwischen seinen Mitgliedern den Abschluß von Umweltversicherungen ausdrücklich empfohlen. Über die internationalen Handelskammern ging derweil auch eine Empfehlung an die ausländischen Bruderverbände, dem Beispiel zu folgen.

Reinhard Wolff