Menschenkette von Buda bis Pest

■ Mehrere tausend Ungarn demonstrierten in Budapest und Debrecen gegen das geplante Donaukraftwerk Nagymaros / Heute beginnt die Parlamentsdebatte über das Projekt/ Unabhängiger Abgeordneter will Baustopp beantragen / Weitere Aktionen angekündigt

Berlin (taz) - Über 6.000 Menschen haben am Montag nachmittag in Budapest eine Menschenkette zwischen der Elisabeth- und der Kettenbrücke gebildet. Sie protestierten gegen das geplante ungarisch-tschechoslowakische Donaustauprojekt von Gabcikovo-Nagymaros, das 2OO Kilometer Donaulandschaft und eines der größten bisher unangetasteten Trinkwasserreservoirs Mitteleuropas zerstören wird. Wie Sprecher erklärten, wollten die Demonstranten „in letzter Minute die Abgeordneten des Parlaments beeinflussen“. Das ungarische Parlament wird heute zusammentreten, um über das Projekt zu beraten.

Im ostungarischen Debrecen demonstrierten ebenfalls mehrere hundert Menschen gegen den Staudamm. Dort beschwerten sich die Bürger, finanzielle Mittel würden in den Kraftwerksbau gesteckt, die sie dringend für Abwasser-Kläranlagen benötigten.

Der unabhängige Abgeordnete Zoltan Kiraly wird, wie aus Budapest verlautet, einen auf zwei Monate beschränkten Baustopp fordern. In dieser Zeit sollten sich die Planer sowohl mit den Betreibern des Projekts auf slowakischer Seite als auch den Finanziers auf österreichischer Seite zusammensetzen.

Noch vor kurzem hatten sich sowohl die Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Industrie und Äußeres gegen das Projekt ausgesprochen. In einer Aussprache am 19.September sagte allerdings Ministerpräsident Karoly Grosz, Ungarn könne die Entscheidung über den Bau des Kraftwerks nicht mehr zurücknehmen. Er beendete damit ein Zick-Zack-Manöver, das die Regierung in den Monaten zuvor veranstaltet hatte. Zunächst war angekündigt worden, die Akademie der Wissenschaften werde beauftragt, das Projekt neu zu überprüfen. Auch in einem Brief an den Oppositionellen Imre Mecs hatte Grosz damals zugesichert, das Projekt zu überdenken. Die Bürgerbewegung gegen das Kraftwerk, in der sich 13 Initiativen zusammengeschlossen haben, bekam Aufwind: Am 12.September gingen 2O.000 auf die Straße, um gegen die Donauzerstörung zu demonstrieren. Seitdem Grosz jedoch in seiner Ansprache auf dem Bau von Nagymaros bestanden hat, ist die Skepsis gewachsen, ob man jetzt noch einen Baustopp durchsetzen kann. Dennoch haben die Donauschützer für heute neue Aktionen angekündigt. Wenn Grosz tatsächlich den Bau durchsetzt, wird er einen hohen Preis zahlen müssen. „Die ökologischen Schäden werden unweigerlich eintreten und der Vertrauensschwund in die Regierung endgültig perfekt sein“, so einer der Betroffenen.

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