Fischer drängt auf Parlamentsreform

Hessen-Grüne fordern strikte Trennung zwischen Mandat und Regierungsmitgliedschaft  ■  Von K.P. Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die Kommission zur Neuordnung des hessischen Abgeordnetengesetzes „dümpelt vor sich hin“ (Joschka Fischer), und Landtagspräsident Möller (CDU) möchte die Debatte um dieses neue Gesetz - nach den Skandalen um das vor der Sommerpause eliminierte „Bereicherungsgesetz“ (Grüne) - am liebsten bis nach den hessischen Kommunalwahlen im März '89 verschoben wissen. Die Grünen im hessischen Landtag haben deshalb gestern in Wiesbaden einen Entschließungsantrag für eine Erneuerung des hessischen Landtages vorgestellt.

Der von Fischer vorgestellte umfangreiche Entwurf zielt in seinem Kern auf eine Erweiterung der Rechte des Landtags gegenüber der Administration und der Landesregierung ab. So soll - über eine Änderung der hessischen Verfassung - die definitive Trennung von Regierungsmitgliedschaft und Landtagsmandat herbeigeführt werden. Die bisherige Regelung, so Fischer, habe nur zu einem zusätzlichen Einkommen für die „Doppelfunktionen“ und zu einer unappetitlichen Verquickung zwischen Regierungsauftrag und Mandatsträgerschaft geführt. Darüber hinaus fordern die Grünen den Rückzug der Parteienvertreter aus den Rundfunkräten und aus dem „sonstigen öffentlichen Beiratswesen“, denn der Parteienstaat habe seine „Krakenarme“ schon zu weit ausgestreckt.

Nach den Vorstellungen der Grünen soll der hessische Landtag auch Art und Umfang seiner Sitzungen ändern. Der wöchentliche Wechsel zwischen Plenar- und öffentlichen Ausschußsitzungen, trage der geforderten Trennung zwischen Debattenparlament (Plenum) und Arbeitsparlament (Ausschüsse) voll Rechnung. Darüber hinaus müsse im Landtag ein Europaausschuß gebildet werden - in Erwartung des europäischen Binnenmarktes. Denn 80Prozent der auch das Bundesland Hessen betreffenden Entscheidungen würden dann in Brüssel gefällt.

Ein weiteres Kernstück des grünen Antrags ist die Forderung nach einer Grundgesetzänderung. Das Antrags- und Initiativrecht im Bundesrat soll nämlich von den Landesregierungen auf die Landtage übergehen. Deshalb votieren die Grünen in ihrem Entwurf auch für die Beibehaltung des Vollzeitparlaments, denn der Teilzeitabgeordnete würde zu „Wachs in den Händen der Bürokratie und der Regierungen“, meinte Fischer.