Gesucht und gefunden: Frauenglück

'Brigitte'-Umfrage ergibt: Für Hausfrauen unter 33 Jahren ist die Welt noch in Ordnung / Parteifrauen diskutieren Studie und streiten über Teilzeitarbeit / Kritik an Interview-Auswahl und Fragestellungen  ■  Aus Hamburg I.Stratenwerth

„Nur vier Prozent aller Frauen wollen nach der Geburt eines Kindes voll weiterarbeiten. Jetzt kann man doch nicht sagen, daß 96 Prozent aller Frauen das Falsche wollen!“ 'Brigitte' -Redakteur Andreas Lebert war sauer. Mit einer großangelegten Studie zum Thema Kind? Beruf? Oder beides?, die am vergangenen Montag in Hamburg der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, wollte die Frauenzeitschrift eine „große gesellschaftliche Kampagne“ für eine frauen- und kinderfreundlichere Arbeitswelt und Politik starten.

Doch statt gemeinsam an dieser Utopie zu stricken, bissen sich die geladenen prominenten Podiumsdiskutantinnen - Rita Süssmuth, Jutta Ditfurth, Heidemarie Wiecorek-Zeul und Irmgard Adam-Schwaetzer - immer wieder an der Frage fest, wem Teilzeitarbeit wirklich nütze: den ArbeitnehmerInnen oder den Unternehmen.

Tatsächlich zeichnet die vom deutschen Jugendinstitut vorgelegte Studie - Verfasserin mit Gisela Erler u.a. eine prominente Vertreterin des „Müttermanifests“ - ein trübes Bild von der Geschlechterrealität in diesem Lande.

So erwarten noch immer 80 Prozent der befragten jungen Frauen, daß ein Mann an ihrer Seite die Versorgerrolle übernimmt. Und 80 Prozent ihrer Partner wiederum wollen abends ein ordentliches Familienleben zu Hause vorfinden.

Zwar wünschen sich mehr als zwei Drittel der befragten 637 Paare Kinder - aber mindestens ebensoviele gehen davon aus, daß man es in dieser Gesellschaft ohne Kinder besser hat. Eine berufliche Identität sei, so stellt die Studie fest, für Frauen heute ebenso wichtig, wie für Männer - aber berufstätige Mütter halten sich durchweg für die schlechteren Mütter, und ihre Männer, Schwiegermütter etc. sehen das genauso. Faktisch sei die Zahl derjenigen, die ihre Berufstätigkeit wegen eines Kindes nicht für längere Zeit unterbrechen, in den letzten zehn Jahren von 50 auf 53 Prozent gestiegen. So scheint der wesentliche Fortschritt für Frauen heute darin zu bestehen, daß sie sich zunehmend zwischen verschiedenen Rollenbildern aufreiben.

Als „Überraschungsentdeckung“ machte die 'Brigitte'-Studie denn auch die zufriedene Langzeit-Hausfrau mit niedrigem Bildungsabschluß aus, die noch im Einverständnis mit ihrer Rolle lebt: Wunschlos unglücklich?

Hier setzte auch die Kritik der Podiumsteilnehmerinnen an der Studie an. Heidemarie Wiecorek-Zeul (SPD -Parteivorstandsmitglied) bemängelte, daß mit der Festlegung auf Paare und auf die Altersgruppe der bis 33jährigen viele lebensgeschichtliche Brüche und Probleme gar nicht erst sichtbar würden. Jutta Ditfurth kritisierte, daß nach Utopien ud Alternativen jenseits der Alternative „Beruf oder Kinder“ gar nicht erst gefragt worden war. Tatsächlich bestätigte auch Gisela Erler: „Wenn Frauen heute eine andere Identität wollen, leben sie meist gar nicht erst in so engen Partnerbeziehungen.“

Streit gab es immer wieder um die Zukunft der Frauenarbeitsplätze. Während die einen immer wieder Arbeitsszeitverkürzung für alle forderten und davor warnten, mit Teilzeitarbeitsplätzen Arbeitsvernichtung und Entrechtung von ArbeitnehmerInnen zu ermöglichen, schien den anderendiese „Flexibilisierung“ geradezu das A und O in der Entwicklung neuer Lebensperspektiven für Frauen zu sein.

Allerdings - das machte die Diskussion deutlich - scheint jede kurzfristige Entlastung in der Lebensmisere von Frauen gleichzeitig die Gefahr zu beinhalten, die traditionelle Frauenrolle weiter zu zementieren.