Mit Trauerflor und Torhunger

■ Fußball-Europapokal: Legia Warschau - Bayern München 3:7 / Trauernde Bayern erstaunlich zielsicher / Die DDR-Vertreter weiter ohne Fehl und Tadel

Berlin (taz) - Waren sie nun vom Geist ihres verblichenen Landesvaters beflügelt, die Münchner Bayern, oder spürten sie angesichts des ministerpräsidentenlosen, quasi -anarchischen Zustands in ihrer Heimat eher eine innerliche Befreiung, die sich in Torhunger Bahn brach? Wie dem auch sei, Tatsache ist, daß die bajuwarischen Balltreter - zwar nicht tränen- aber immerhin trauerbeflort - in Warschau so hurtig und torerfolgsträchtig dahineilten wie selten zuvor. Zweimal bugsierte der gescholtene, weil bisher wenig treffsichere Schwede Ekström den Ball ins Netz, gar keinmal der gescholtene, weil noch weniger treffsichere Wohlfarth. Folgerichtig wurde er ausgewechselt und zwar gegen Jürgen Wegmann, der seiner Selbstcharakterisierung „Ich bin giftiger als die giftigste Schlange“ Nachdruck verlieh, indem er das Leder zweimal über die gegnerische Torlinie züngeln ließ.

Legia Warschau, mit der 1:3-Niederlage des Hinspiels belastet, suchte vor 20.000 Zuchauern von Anfang an sein Heil in der Offensive und griff mit Mann und Maus an. Vier Stürmer hatte Trainer Strejlau aufgeboten und den Bayern dadurch Räume geöffnet, die diese eifrig zum Kontern nutzten. So verlief die erste Halbzeit durchaus munter. Sie endete 4:1 für die Bayern, die ihre Pause dann bis weit in die zweite Spielhälfte hinein verlängerten. Doch Wegmann brachte von der 70. Minute an neuen Biß ins Match und in den letzten sechs Minuten wurde es mit vier Toren noch einmal ordentlich turbulent.

Während mit Ajax Amsterdam, Rapid Wien und dem FC Aberdeen drei mit altem Europacup-Ruhm bekleckerte Clubs bereits das Feld räumen mußten, beeindrucken die DDR-Vertreter weiterhin vor allem durch resolute Abwehrarbeit. Nur der FC Jena patzte, als er beim Kremser SC das erste Anti-DDR-Tor des laufenden Europacups zuließ, kam aber dennoch sicher in die zweite Runde. In überzeugender Manier gelang dies ebenfalls der Lok aus Leipzig, die den FC Aarau mit 4:0 abkanzelte, und Dynamo Dresden, das dem FC Aberdeen im Hinspiel ein 0:0 abgeluchst hatte und die Schotten in Dresden mit einem frühen Tor in der 4. Minute tief schockierte. In der 40. Minute mußte Robertson wegen nachhaltigen Foulspiels vom Feld, und Kirstens Tor zum 2:0 machte nach dem Wechsel alles klar. Fehlt nur noch der BFC Dynamo im Erfolgsquartett. Die Berliner sind erst am nächsten Mittwoch in Bremen dran, wo sie ihren 3:0-Vorsprung aus dem Hinspiel gegen eine mutmaßlich ungestüme Werder-Elf verteidigen müssen.

Matti

WARSCHAU: Szczesny - Kubicki - Arceusz (46. Gmur), Wdowczyk, Kaczmarek - Pisz, Ryszard Robakiewicz, Iwanicki, Latka Dziekanowski, Terlecki

MÜNCHEN: Aumann - Augenthaler (46. Eck) - Nachtweih, Grahammer, Pflügler - Flick, Reuter, Thon, Kögl - Wohlfarth (70. Wegmann), Ekström

TORE: 0:1 Nachtweih (20.), 0:2 Ekström (23.), 1:2 Kubicki (38.), 1:3 Augenthaler (42.), 1:4 Ekström (44.), 1:5 Wegmann (76.), 1:6 Wegmann (84.), 2:6 Latka (87.), 3:6 Robakiewicz (89.), 3:7 Eck (89.)