Kunstfrühling im Überseemuseum

■ Im Übersee-Museum hinter Eisbären versteckt: Die Ausstellung „Kunst und Ökologie“ / Verbindung zwischen Motto und Objekt teils pure Konstruktion, teils geglückt

Man zahlt zwei Mark und geht immer den Pfeilen auf den Plakaten nach. Dabei kommt man an nordamerikanischen Eisbären und Prärie-Indianern vorbei, durchquert Mexiko und gelangt dann in eine Zone, die - völlig überraschend - den Betrachter wieder in heimatliche Gefilde, sprich den Bremer Kunstfrühling, zurückbringt. Die Rede ist vom Überseemuseum, welches einige seiner Räume (die abgelegenen nämlich) für eine Ausstellung zur Verfügung stellte - mit der Vorgabe eines Themas: „Kunst und Ökologie“. Eine Jury wählte aus den dazu eingereichten Arbeiten die Werke von etwa 20 Künstlern aus, die noch bis 12.11. zur Besichtigung stehen.

Die Frage, was Kunst mit Ökologie zu tun hat, läßt sich auch in Bezug auf diese Präsentation nicht einheitlich festlegen. Deutlich wird allerdings ein Dilemma so vieler, mit inhaltsbezogenen Themen versehener Ausstellungen: Die Verbindung zwischen Motto und Kunstwerk ist teilweise pure Konstruktion. Der Besucher unterstellt selbstverständlich, daß es sie gibt - es darf, es muß wild heruminterpretiert werden, um einen Zusammenhang herzustellen, der mitunter lediglich in einem Titel wie „Naturstück“ (von Manfred Henken) und der darin enthaltenen Behauptung besteht. Ansonsten genügte es offenbar (gewisserma

ßen als Minimalanforderung), das eine oder andere Bäumchen ins Bild zu setzen, um in den Kreis der Ausgestellten aufgenommen zu werden. Grob gesagt lassen sich in dieser Ausstellung zwei Positionen ausmachen: Zum einen gibt es die Werke, die vor allem von einer Auseinandersetzung mit kunstimmanenten Problemen sprechen und deren wie auch immer gearteter Bezug zum Ausstellungsthema eher als eine Art Alibi anzusehen ist. Demgegenüber stehen diejenigen Arbeiten, die tatsächlich Aussagen zum Bereich Ökologie zu machen haben, für die aber eine derart klischeehafte Form bzw. eine so plakative Formulierung gefunden wurde, daß die gewünschte Aussage zu Lasten der Kunst geht.

Ein gutes Beispiel für diese beiden Varianten stellen die nebeneinander plazierten Exponate der Künstlerinnen Uta Hornberg und Monica Schefold dar. Uta Hornbergs Auswahl aus der „Sammlung 1 - 44“ besteht aus einer Vielzahl kleiner Aquarell-oder Ölskizzen auf dünnem, in schmalen Bahnen gehängtem Papier. Diese Form der Präsentation verschmilzt die einzelnen Bilder zu einem Muster, so daß das Erkennen gegenständlicher Elemente (wie stilisierte Bäumchen oder eine Landschaftsdarstellung) nebensächlich wird. Monica Schefold hingegen ist in puncto Aussage in allem überdeutlich, begin

nend mit dem Titel der Installation. Ihr „Raum des Todes“ ist eine mit schwarzem Stoff ausgeschlagene Raumecke, in der sie Felle, Knochen und Leintücher verteilt und mit vornehmlich rot-brauner Farbe bemalt bzw. besprüht hat. Das Resultat ist eine Mischung aus Diorama - womit die Arbeit ja recht gut in's Ambiente des Überseemuseums paßt - und Heavy -Metal-Plattencover.

Wohl am gelungensten, weil Thematik und Form am besten ausbalancierend, ist Helmut Brandt's „Großes Rasenstück (Kun)“, bestehend aus einem Bodenobjekt und einem Foto. Das Foto zeigt, stark vergrößert und von Brandt nachkoloriert, Albrecht Dürers Aquarell „Großes Rasenstück mit Schafgarbe, Wegerich, Löwenzahn und Gräsern“ von 1503. Das Bodenobjekt vis-a-vis präsentiert ein rechteckiges Stück echten Rasens, eingebettet in Teer und Kunstrasen. Ist das eine nun „echt“, während das andere „künstlich“ ist? Verhält es sich umgekehrt ? Oder ist das alles Quatsch, weil beides Kunst ist? Die Gegenüberstellung dieses (auch im übertragenen Sinne) alten Bildes von der Natur mit einem neuen gibt zahlreiche Denkanstöße und wird auf pfiffige Art wirklich beiden Komplexen des gegebenen Themas gerecht: Kunst und Ökologie.

S.H.