Mit Blumen zum Erfolg

Fahriye hätte nie gedacht, daß Blumen - jener vergängliche Luxus - so gut bei ihren Landsleuten ankommen werden. Ihr Geschäft in der Adalbertstraße ist erst seit zwei Monaten geöffnet und verspricht schon jetzt ein voller Erfolg zu werden. Abgesehen von der deutschen und türkischen Laufkundschaft beliefert sie Kneipen und Restaurants und schmückt die Hochzeitsautos der Brautpaare.

Das Blumengeschäft soll ihr und ihrer fünf Jahre alten Tochter finanzielle Unabhängigkeit gewährleisten, zumal Fahriye seit einiger Zeit abends im Berlin-Kolleg das Abitur nachholt.

In ihren Laden hat die 29jährige Tochter einer Arbeitsmigrantenfamilie aus Istanbul nicht mehr als 3.500 Mark investiert. 2.500 davon sind von ihrem Onkel geliehen, den Rest hat sie auf ihrem Konto überzogen. Davon konnte sie dann die Blumen, die Pflanzen, das Mobiliar, die Töpfe und Behälter, das Papier und die bunten Bänder kaufen.

„Das wichtigste sind Preisvergleiche. Dafür habe ich drei Wochen lang alles abgeklappert.“ Zum Beispiel Plastikbehälter. Auf dem Großmarkt kosten sie acht, im Kaufhaus nur zwei Mark. Für ihre Theke hat Fahriye insgesamt zwanzig Mark ausgegeben. Sie besteht aus Brettern vom Müll, die sie weiß angestrichen und mit einem modischen weißen Plastik-Vorhang behängt hat.

„Ich habe mir natürlich auch genau die Einkaufslage des Geschäfts angesehen und berechnet, wieviele Menschen den Laden betreten werden, wieviel er abwerfen kann. 30 Prozent der Leute hier sind Sozialhilfeempfänger. Da hat es keinen Sinn, zuviel Gewinn aufzuschlagen. Ein Strauß, der über zwanzig Mark kostet, ist ein Luxus, den sich hier keiner leistet.“

Ihre kaufmännischen Fähigkeiten meint sie, durch die vorherige Arbeit als Rechtsanwaltsgehilfin erlangt zu haben. „Auf die Dauer hat mich die juristische Arbeit gefrustet. Ich wollte etwas mit Farben machen. Auf jeden Fall aber habe ich dort ein feeling für die Geschäftswelt bekommen.“

Während dieser Zeit hat sie zusätzlich türkische Familien in Sachen Ausländerrecht beraten, ist mit ihnen zu den Behörden gegangen oder hat für sie gedolmetscht. Ein Rest von dieser Tätigkeit bliebt ihr in Form von türkischer Geselligkeit in ihrem Geschäft. Oft sitzt sie mit Hilfesuchenden, die zu ihr in den Laden kommen, hinten im gemütlichen Teeraum zusammen und setzt ihnen die Briefe an die Behörden auf. „Mein Vorteil ist, daß ich Türkin bin,“ sagt sie selbst. „Zu mir kommen nicht nur Deutsche, sondern vor allem auch meine eigenen Landsleute.“