Jetzt will er sich beschweren

■ Innensenator Kewenig geht in die Offensive. Beim Presserat will er Beschwerde wegen „falscher Berichterstattung und Behinderung der Polizei“ während der IWF-Tagung einlegen

Angriff ist die beste Verteidigung, mag sich Innensenator Kewenig gedacht haben: Nach ausgiebig betriebener Journalistenschelte wird der oberste Verfassungschützer der Stadt nun den Deutschen Presserat anrufen. Kewenig hat eine Beschwerde wegen falscher Berichterstattung und Behinderung der Polizei während der IWF-Tagung durch Journalisten angekündigt. „Hier ist in großem Umfang gelogen worden“, erklärte Kewenig am Rande der Innenministerkonferenz der Bundesländer in Bonn.

Der Deutsche Presserat wird sich mit den Vorfällen auf seiner nächsten Sitzung am 23.November beschäftigen, erklärte Geschäftsführerin Rüffer. Man werde dabei eine eingehende Prüfung vornehmen, denn auch die von Polizeieinsätze betroffenen Journalisten hätten Beschwerden angekündigt.

Schützenhilfe bekommt Kewenig vom Gesamtpersonalrat der Berliner Polizei, der in einer Erklärung vom „Amoklauf der Presse“ spricht. Die Proteste von Nachrichtenagenturen, Zeitungen und Journalisten werden darin als „das schrille Gekreische einiger Sensationsjournalisten“ bezeichnet. Das Verhalten der Presse sei ein Beispiel, „wie man aus einer selbstbegangenen Störung einer Amtshandlung eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit machen kann“.

Der 'Tagesspiegel‘ hat für den von der Polizei bei der Berichterstattung behinderten Fotografen Nowak Strafanzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung gestellt. Der Fotograf wurde trotz deutlich sichtbarer Pressekennzeichnung bedrängt und geschlagen, was auch durch Fotos dokumentiert ist. Für den 'Tagespiegel‘ handele es sich um eine „prinzipielle Frage“ der Pressefreiheit und der „Solidarität“ mit dem Mitarbeiter, erklärte Lokal-Chef Günter Matthes. Einen solch eindeutigen Fall habe es beim 'Tagespiegel‘ noch nicht gegeben. Der stellvertrtetende US -Außenminister Whitehead wird in der kommenden Woche auf einer Europareise überraschend auch nach Berlin kommen. Grund ist die Berlin-Initiative der West-Alliierten bei der Sowjetunion. In Washington wird es für wahrscheinlich gehalten, daß Whitehead auch das Verhalten der Berliner Polizei gegen die Presse ansprechen wird. Wie berichtet, wurde über das Thema bereits im Unterausschuß „West-Europa“ des Repräsentantenhaus diskutiert, wobei auch Whitehead Bericht erstattete.

gn