Das große I in Kiel

■ Aufregung in Schleswig-Holstein: Frauenministerium benutzt das große I für die weibliche und männliche Form

Eine kleine Aufregung hat es jüngst in Kiel um das große I gegeben. In Zeitungsanzeigen suchte die Frauenministerin von Schleswig-Holstein, Gisela Böhrk, dabei „VolljuristInnen“ und „ReferentInnen“. Wie man sieht, bediente sie sich damit einer Schreibweise, die weder Amtsdeutsch noch Dudendeutsch ist.

Das große I für die weibliche und männliche Form wurde vor gut zwei Jahren von unserem Bonner taz-Kollegen Oliver Tolmein eingeführt. Seitdem wird es in der taz konsequent immer dort eingesetzt, wo die weibliche Form eines Wortes einen Bindestrich bekam.

In Kiel gab es aufgrund der Anzeige eine öffentliche Auseinandersetzung. Vorgeschrieben sei, so der Personalreferent der Verwaltung, in den Stellenausschreibungen sowohl die männliche als auch die weibliche Form zu berücksichtigen. Bei der Übernahme der Anzeige im kommenden Amtsblatt wird infolgedessen auf das große I verzichtet und statt dessen wieder mit Anhängseln gearbeitet.

Die Frauen jedoch wollen sich nicht unterkriegen lassen: „Der Schrägstrich zwischen der männlichen und weiblichen Form ist nicht länger akzeptabel, weil sich Frauen nicht mehr als Kürzel oder Anhängsel wiederfinden wollen“, meint Susanne Bieler-Seelhoff, Pressereferentin der Frauenministerin. Geplant sei auch weiterhin, das große I zu benutzen, zumindest dann, wenn es sich um kleine Texte handelt.

In der norddeutschen Presse wurde jedenfalls heftig diskutiert, und nicht immer nur negativ. Einige LeserInnen freuten sich und wiesen noch einmal darauf hin, daß Sprache nicht nur Realität widerspiegelt, sondern ebenso Realität bildet. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Ute Erdsiek -Rave, nannte die praktizierte Schreibweise der Frauenministerin einen „legitimen Schritt auf dem Weg zu einer frauengerechten Sprache“. Die neue Schreibweise entspräche der gesetzlich vorgeschriebenen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Stellenausschreibungen. Die öffentliche Auseinandersetzung zeige, daß über das Ziel einer frauengerechten Sprache zwar weitgehend Übereinstimmung herrsche, die Wege und Mittel jedoch noch umstritten seien.

Für die kommende Sitzung des Landtags werde die SPD -Fraktion eine öffentliche Anhörung zum Sprachgebrauch der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in öffentlicher Sprache, Rechtssprache und Gesetzestexten beantragen. Unter anderem soll geprüft werden, in welcher Weise Veränderungen in der Sprachform die Gleichstellung von Männern und Frauen fördern, welche sprachlichen Probleme die Varianten geschlechtsneutraler oder geschlechtsspezifischer Personenbezeichnungen möglicherweise aufwerfen und ob bei Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Verwaltungsvorschriften, Formularen und Behördenschreiben unter Umständen ein unterschiedliches Vorgehen sinnvoll ist.

Maria Neef-Uthoff