Labour relativiert Beschlüsse

Auf dem Parteitag der britischen Labour Party setzen sich Vertreter einer einseitigen Abrüstung aller auf der Insel stationierten Atomwaffen durch / Parteiführung will Beschluß revidieren  ■  Aus London Rolf Paasch

Nach mehreren Abstimmungsniederlagen auf dem gestern beendeten Parteitag der britischen Labour Party in Blackpool hat die Parteiführung zu erkennen gegeben, daß sie sich von der erst im Herbst des nächsten Jahres abgeschlossenen grundsätzlichen „Programmerneuerung“ eine Revision der in dieser Woche getroffenen Entscheidungen verspricht.

Nachdem die Führung am Donnerstag mit ihrer Kompromißlösung in Sachen atomare Abrüstung erneut den überzeugten „Unilateralisten“ in der Partei unterlegen war, erklärte Labour-Chef Neil Kinnock sehr zum Ärger der einseitigen Abrüstungsbefürworter: „Ich glaube nicht, daß die heutige Entscheidung unbedingt unsere endgültige Politik sein wird.“

Die Parteiführung argumentiert, daß die beschlossene einseitige Entfernung aller in Großbritannien stationierten Atomwaffen nicht mehr der Realität des neuen Entspannungsklima entspricht, da mit multilateralen Abrüstungsangeboten womöglich mehr aus der Gegenseite herauszuholen sei. Der Verlauf der Abrüstungsdebatte, in deren Verlauf drei kleinere Gewerkschaften mit ihren Blockstimmrechten auf die Seite der Unilateralisten hinüberwechselten, hat erneut Kritik an der Abstimmungspraxis auf dem Labour- Parteitag laut werden lassen.

Mit ihren 1.25 Mio. Mitgliedern fallen der mächtigen Transportarbeitergewerkschaft beispielsweise 20 Prozent aller Stimmen zu, während die Ortsbezirke im ganzen Lande zusammen auf ganze 10 Prozent der Stimmen kommen.

Selbst fortschrittliche Gewerkschafter wie der Chef der „General Workers Union“, John Edmonds, räumen ein, daß das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Partei einer inhaltlichen und formalen Neubestimmung bedarf. Das scheiterte bisher jedoch am Veto der Gewerkschaften. Siehe auch Kommentar auf Seite 4