Nagymaros-Kritiker auch im Parlament

■ In Ungarn wird über umstrittenes Donau-Staudamm-Projekt beraten / Wissenschaftler Sentagothay rät zu Aufschub

Berlin (taz) - Mit Kritik an dem von der Regierung geplanten Staudamm-Projekt Gabcikovo-Nagymaros begann am Freitag morgen die Debatte zu dem umstrittenen Großprojekt im ungarischen Parlament. Der erste Redner, der ehemalige Präsident der Akademie der Wissenschaften, Janos Sentagothay, sprach sich für einen Aufschub des Bauvorhabens aus und forderte eine stärkere Berücksichtigung von Wissenschaftlern an der Entscheidung.

Zuvor hatte Umweltminister Laszlo Marothy für die Regierung die Pläne verteidigt. Eine Einstellung des Baus sei wegen der eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der CSSR und Österreich sowie der Fortschritte beim Bau nicht vertretbar. Noch einen Tag zuvor hatte Ungarns Umweltminister Laszlo Marothy angesichts der dauernden Proteste in der Bevölkerung „Fehler in der Informationspolitik“ eingeräumt und mehrere Abgeordnete hatten sich im Vorfeld der Parlamentssitzung gegen das Großprojekt ausgesprochen.

Wie erst jetzt bekannt wurde, haben vergangene Woche auch Wissenschaftler der Akademie der Wissenschaften in einem Gutachten von dem Staudamm-Projekt abgeraten. In dem der Regierung vorliegenden Dokument heißt es, die Einstellung oder Verzögerung des Baus stelle eine realistische Alternative da, die die wirtschaftlichen Schäden und Umweltzerstörungen verringern könne. Experten der Akademie hatten bereits früher gegen den Bau des noch aus der Stalinzeit stammenden Projekts Stellung bezogen.

Auch in Österreich, das den Bau mit Krediten finanziert, hatten Umweltschützer protestiert. Ökologen befürchten, daß der Staudamm-Bau das Aus für die Donau-Auen vor Budapest und eine große Gefahr für das ungarische und österreichische Trinkwasserreservoir unter dem Donaubett bedeutet. Im Rahmen der Bauarbeiten sollen 25 km Donaulauf verlegt und kanalisiert werden, die Auen in zwei insgesamt 120 Quadratkilometer großen Stauseen versinken.

kb