Der unökologische Traum vom schnellen Flitzer

■ Auto-Ausstellung AAA in den Messehallen: Ferraris für 450.000 und für 5 Mark Die Auto-Industrie menschelt, die Autofahrer stöhnen vor Lust und vor Frust

Philosophisch gebärdet sich der Werbetext am Daimler-Benz -Stand auf der AAA, der Berliner Auto-Ausstellung in den Messehallen am Funkturm: „Neue Ideen und Technologien sind erst dann als Fortschritt zu bezeichnen, wenn ihr Nutzen erwiesen ist.“ - „Bei so einem Wagen ist man zufrieden, wenn man mal drinsitzen darf“, grinst der türkische junge Mann, der eben hinter dem Steuer des 138.000 Mark teuren Mercedes 500 SEC probesaß. „Hundert Jahre sparen, dann kann man sich sowas leisten.“ Wo könnte er denn überhaupt mit 230 Stundenkilometern fahren? „Vielleicht auf der Avus, wenn alles leer ist“, mutmaßt er. Das würdest Du machen? „Na sicher.“

145 Aussteller sind auf der AAA versammelt, noch bis zum 16.Oktober. „Überflüssig wie ein Kropf“, sei sie AAA, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Anderer Ansicht sind offenbar die 47.555 Besucher, die sich bisher durch die zehn Hallen der am Samstag eröffneten Messe drängelten. 5.000 mehr als vor zwei Jahren. Hier dürfen Männer polierte Karossen tätscheln, an Schaltern fummeln, und sich über Motoren beugen. Die Stände von Ferrari, Porsche und BMW sind umlagert. Trotzdem ist es die Show der Polo-, Mazda-, Lada- und Audi-Fahrer, die sich freuen, wenn sie ihren bestellten Wagen schon mal im Glanz der AAA bewundern können, oder die sich über Neuerungen im Mittelklassewesen informieren müssen, damit sie mitreden können. Aber über 100.000 Mark für einen Wagen ausgeben? „Das würde ich nie machen.“

Anders sieht es allerdings aus, wenn der Ferrari nur fünf Mark kostet - beim Modellauto-Händler. „All das geht gut, was sich im Original kein Normalsterblicher leisten kann“, sagt der Modellverkäufer. „Der ganz große Renner ist der Ferrari F 40 aus Halle 1, als Modell für fünf Mark bei mir zu haben“. Im Original kostet diese Neuheit 450.000 Mark doch alle 400 Exemplare waren bereits vor dem Start der AAA verkauft.

„Für alle, die ihr Auto mögen“, wirbt eine Zubehör-Firma für ihre Accessoires. In einem der Recaro-Sitze ruht ein älterer Besucher. Mag er sein Auto? „Nicht besonders. Macht Mühe und Ärger bei dem Verkehr, macht keinen Spaß mehr. Ist zur Last geworden für den Menschen, das Auto.“ Aber er braucht es beruflich.

Die Auto-Industrie scheint den Frust zu ahnen. „Autos zum Leben“ ist der Slogan von Renault, „Menschen und Autos“ heißt es bei Ford. Ideen für eine „menschengerechte Stadt“ sucht der Verband der Automobilindustrie. Und dann werden natürlich Träume präsentiert: Ein Video-Clip mit der italienischen Sängerin „Alice“ wirbt am Fiat-Stand.

Spätestens vor den Messehallen ist er aus, der Traum. Dort, an einer Taxen-Halte in der Masurenallee, läßt die Polizei die Falschparker abschleppen.

hmt