„Mit dem Herzen denken“

■ Rudolf Bahro und Norbert Blüm kommen sich bei der Glückssuche näher

„Da muß ich Bahro schon fast beispringen“, rief der Kleinste auf dem Podium dazwischen. Fortschritt sei auf dieser Welt möglich, insistierte Norbert Blüm, es gebe gute und weniger gute Rahmenbedingungen für Glückserlebnisse. Zuvor hatte der Psychologe Watzlawick Bahro während der Diskussion in Düsseldorf vorgehalten, Rezepte für das Glücklichsein zu bieten, die es nicht geben könne.

Der Professor zu Bahro: „Die psychische Katastrophe ist die, daß Sie noch gefangen sind in einer Welt, in der entweder etwas wahr oder etwas falsch ist.“ Und das mache ihm Angst. Glück sei „etwas total Undefinierbares“ und allein Sache der Individuen.

Dagegen heulten Blüm und Bahro gemeinsam auf. Für Blüm „mein Handwerk ist das allgemeine Wohl“ - ist Glück zwar nicht machbar, aber gleichwohl gesellschaftlich bedingt. Wie und durch wen, das verriet der Minister allerdings nicht. Zu Bahros These, die „Hochzeit von Wissenschaft, Technik und Geld“ zerstöre „immer mehr der uns gegebenen Glücksmöglichkeiten“ und das „Machtkonkurrenzsystem“ sorge dafür, daß sich „Solidarität nicht entwickeln kann“, schwieg sich Blüm lieber aus.

Zwar hat auch der CDU-Landeschef in NRW registriert, daß die „aus Solidaritätserlebnissen resultierenden Glückserlebnisse verloren gehen“, ließ aber offen, ob er das den von Bahro benannten Strukturen anlastet oder ob er damit lediglich seine Einsamkeit in der von Intrigen und Klüngel geprägten Landespartei umschreiben wollte.

„Mit dem Herzen denken“, was Bahro will, wie kann das in einer Gesellschaft funktionieren, die die Menschen - auch das ist Blüm aufgefallen - antreibt, „permanent auf der Lauer zu liegen“? Das hat uns Blüm zwar nicht verraten, aber dafür ließ er uns etwas viel Wichtigeres wissen. „Herr Blüm“, so forschte die Moderatorin im Innersten des Ministers, „halten Sie sich für ein Glück“? - „Ich halte mich für einen glücklichen Zufall in der deutschen Politik.“

Walter Jakobs