Auch Tiere fühlen Freude

Hildegard Lenz, Bürgerschaftsabgeordnete der SPD, stellvertretende Schriftführerin ist engagierte Tierschützerin / Tierversuche grausam und oft sinnlos  ■  hier

Hildeganrd Lenz

Paßfoto

Hildegard Lenz

taz: Hunderttausende von Menschen müssen satt werden, die Medizin soll Fortschritte machen - wollen Sie das alles unter dem Banner „Auch Tiere haben Rechte“ in Frage stellen?

Hildegard Lenz: Grausamkeit gegen Tiere ist eines der kennzeichnendsten Laster eines niederen und unedlen Volkes, hat Alexander von Humboldt gesagt. Dieser Ausspruch hat mehr denn je Gül

tigkeit im Zeitalter der Massentierhaltung, der Tierversuche, der Tiertransporte und der Bedrohung ganzer Tierarten durch den Menschen.

Nach unserem bürgerlichen Gesetzbuch gilt ein Tier als Sache.

Lenz: Ein Tier ist ein Wesen aus Fleisch und Blut, mit Gefühlen wie Freude, Zuneigung, Schmerz, Trauer, Angst, Panik, hat Instinkte und vielleicht sogar Verstand. Wieviele Tiere sind Gefährten oder Freunde des Menschen, oft sogar seine einzigen.

Was sollen Gesetze ändern?

Lenz: Tiere sind Lebewesen, und eine Gesetzesänderung in dieser Hinsicht entspricht dem Wunsche der meisten Bürger unseres Landes. Nur durch eine Gesetzesänderung wird es möglich sein, die Massentierhaltung abzuschaffen, bei der tausende von unschuldigen Geschöpfen während ihres kurzen Lebens qualvoll und alles andere als artgerecht behandelt werden. Dieser Quälerei muß ein Ende gesetzt werden.

Aber zum Schlachthof geht's dann in Massen?

Lenz: Das gleiche gilt für die Tiertransporte. Wie schrecklich ist das Gebrüll von durstigen und zusammengepferchten Tieren, und wieviele verenden von ihnen während des Transportes!

Der Fortschritt der Wissenschaft verlangt manchmal grausame Experimente.

Lenz: Wir kennen die Bilder von Versuchstieren, die an Elektroden hängen, oder eingezwängt in Apparaturen, in denen sie nicht einmal ihren Kopf bewegen können, oder die ohne Betäubung im Namen der Wissenschaft zu Tode gequält werden, und damit man ihre Schreie nicht hört, werden ihnen die Stimmbänder durchtrennt.

Hören Sie auf!

Lenz: Oder man läßt mit Gasdruckkanonen Gewicht auf Tierschädel niedersausen, um zu testen, welchen Gewalteinwirkungen das Gehirn standhalten kann. Um die Wirkung neuer Waffen zu

testen, müssen ebenfalls Tiere herhalten. Oder denken Sie an die Millionen von Versuchstieren, die pausenlos rauchen, Putzmittel oder Kosmetika etc fressen müssen, bis sie elendiglich verenden.

Daraus gewinnen wir die Grenzwerte für das, was Menschen vertragen!

Lenz: Haarspray wird in Tieraugen gespritzt, um herauszufinden, ob sie davon blind werden - sie werden es.

Was wollen Sie tun?

Lenz: Nicht nur für diese Versuche, auch für die Erprobung von Medikamenten gibt es alternative Methoden. Insofern sind die Tierversuche grausam, oft sinnlos und unnötig und mit der Achtung vor dem Leben einer jeglichen Kreatur nicht zu vertreten. Es genügt nicht, nur das bürgerliche Gesetzbuch zu ändern, damit aus Sachen endlich Lebewesen werden, es muß auch das Strafgesetzbuch geändert werden, damit auch Tierquälerei entsprechend bestraft werden kann.