Putschist Pinochet hält an der Macht fest

Anerkennung des Plesbizit-Ergebnisses war in der Junta offenbar umstritten / Wollte Pinochet ein zweites Mal putschen? / Pinochet lehnt die Forderung nach Rücktritt kategorisch ab / Innenminister Fernandez interpretiert das Ergebnis des Plebiszits als Sieg für den Diktator  ■  Aus Santiago Thomas Schmid

Wollte der Putschist Pinochet am vergangenen Mittwoch ein zweites Mal putschen, um das Plebiszit außer Kraft zu setzen? Offenbar hielt er sich zumindest die Option offen. Die Truppen standen bereit. Und was sich im Zentrum der Macht in den entscheidenden Stunden abgespielt hat, ist noch undurchsichtig. Am vergangenen Mittwoch gegen Mitternacht, als der Sieg des „Nein“ (zu Pinochet) bereits seit etwa zwei Stunden feststand, das Innenministerium aber immer noch einen „Ja„-Sieg hochrechnete, trafen die Oberkommandierenden der Teilstreitkräfte im Präsidentenpalast mit Pinochet und seinem Innenminster Sergio Fernandez zusammen. „Obwohl es schwierig war, Details über diese Sitzung in Erfahrung zu bringen“, schreibt das Regierungsblatt 'El Mercurio‘ in seiner Sonntagsausgabe, „drang durch, daß sie mitunter sehr angespannt verlief (...) Schließlich setzte sich die Meinung durch, daß man den verfassungsmäßigen Weg nicht über Bord werfen dürfe.“ Der andere Weg wäre ein „Putsch“ gewesen.

Die Verfassung, die sich die Diktatur zurechtgezimmert hat, sieht vor, daß Pinochet unabhängig vom Ausgang des Plebiszits bis zum März 1990 Staatspräsident bleibt. Patricio Aylwin, Präsident der Christdemokratischen Partei, findet es „antidemokratisch und sogar irrational, daß ein Regierender, der das Vertrauen der Mehrheit seines Landes verloren hat“, so lange weiter im Amt bleibt und möchte eine Verkürzung dieses Zeitraums aushandeln. Die „Vereinigte Linke“ (Kommunisten, Sozialisten, Linkschristen) verlangen den unverzüglichen Rücktritt Pinochets.

Doch der General hat bereits einen Tag nach der Niederlage wieder die Uniform angezogen und deutlich gemacht, daß er vorerst fest im Sattel sitzt. In einem am Sonntag ausgestrahlten Fernsehinterview erklärte Pinochet: „Ich habe den Sieg des 'Nein‘ - zur Verlängerung meines Mandates bis 1997 - anerkannt, aber deshalb werde ich nicht die Verfassung ändern.“ Erst an dem von der Verfassung vorgesehenen Tag, dem 10. oder 11.März 1990, werde die Regierung zurücktreten.

Auch er selber denke nicht an einen vorzeitigen Rücktritt, unterstrich Pinochet. Sein Innenminister Fernandez besaß sogar die Unverschämtheit, im Fernsehen und Radio zu erklären, man habe ja gewonnen, denn man müsse die 55 Prozent des „Nein“ auf die 16 Parteien aufteilen, die dahinter gestanden hätten, und dann ergebe sich, daß „Präsident Pinochet beim Volk die größte Unterstützung genießt“. Der eigentliche Verlierer, schlußfolgerte der Minister, sei „der Kommunismus“.